Warnung vor drohenden weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen

Gemeinsamer Aufruf der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft

⇒ Originaldokument "Warnung vor einer drohenden Klimakatastrophe"
⇒ Artikel in den Physikalischen Blättern "Warnung vor drohenden weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen" (Nr. 43 (1987), S. 347)
⇒ Presseinformation: Erläuterungen von Prof. Dr. K. Heinloth auf der Pressekonferenz am 22. Januar 1986
⇒ Fernsehbeitrag (NDR/Panorama) über die Pressekonferenz vom 22. Januar 1986

Der Gehalt der Luft an Kohlendioxid und an weiteren Spurengasen wie Ozon, Distickstoffoxid und diversen Kohlenwasserstoffen steigt weltweit rapide an.

Verursacht wird dieser Anstieg

  • durch Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas,
  • durch Waldrodungen und Bodenerosion und
  • durch diverse industrielle und landwirtschaftliche Aktivitäten.

Die genannten Gase lassen das Sonnenlicht ungehindert auf die Erde einfallen, behindern aber die Wärmeabstrahlung der Erde in den Weltraum nachhaltig (Treibhauseffekt).

Es besteht der begründete Verdacht, daß bei weiterer Anreicherung der Luft an diesen Spurengasen schon innerhalb der nächsten 50 bis 100 Jahre

  • die mittlere Temperatur auf der Erde um mehrere Grad ansteigen wird,
  • die äquatornahen Trockengebiete sich ausweiten und nach Norden, in Europa bis in den Mittelmeerraum hin verschieben werden,

innerhalb weniger 100 Jahre

  • die Meeresspiegel um 5 bis 10 Meter ansteigen werden.

Quantitativ gesicherte Vorhersagen über Ausmaß und Zeitraum der Klimaveränderungen werden - die Schwierigkeiten selbst kurzfristiger Wetterprognosen vor Augen - allerdings auch in absehbarer Zukunft kaum zu erwarten sein.

Um die drohende Klimakatastrophe zu vermeiden, muß bereits jetzt wirkungsvoll damit begonnen werden, die weitere Emission der genannten Spurengase drastisch einzuschränken.

Wenn diese Einschränkungen aufgeschoben werden, bis in vermutlich 1 bis 2 Jahrzehnten deutliche Klimaveränderungen sichtbar werden, wird es aller Voraussicht nach bereits zu spät sein.

Aufgerufen sind deshalb

  • die Politiker,
    die künftige Energie-Versorgung im Zusammenhang mit der drohenden Klimakatastrophe zu beraten und die nötigen Entscheidungen bald zu treffen, dies auf nationaler wie auf internationaler Ebene,
  • Wirtschaft und Wissenschaft,
    die benötigten Verfahren und Anlagen für rationellere Energienutzung und umfangreichere Nutzung nichtfossiler Energieträger verfügbar zu machen,
  • jeder einzelne Bürger,
    durch sein eigenes Verhalten zu sparsamerer Nutzung von Energie und zur Verminderung der Emission von Schadstoffen beizutragen.

Um das Problem der Klimakatastrophe deutlich zu machen, werden im folgenden unser Wissen und Unwissen über

  • natürliche Klimaschwankungen,
  • Prognosen künftiger, vom Mensch bedingten Klimaveränderungen

und die wesentlichen notwendigen Schritte zur Vermeidung oder wenigstens Begrenzung der Katastrophe kurz skizziert.

Natürliche Klimaschwankungen

Die mittlere Temperatur auf der Erde schwankt von Jahr zu Jahr um maximal etwa 1° C. Im Mittel über ein Jahrzehnt reduzieren sich diese Schwankungen auf ca. 0,2 bis 0,5° C.
Bedingt werden diese Klimaschwankungen u.a. durch Staubemission aus großen Vulkanausbrüchen: Der über einige Jahre in der hohen Atmosphäre verbleibende Staub vermindert während dieser Zeit die Sonneneinstrahlung auf die Erde.

Auch langzeitige Klimaschwankungen, wie sie im periodischen Wechsel zwischen Eis- und Warmzeiten innerhalb der letzten Jahrmillion etwa 10 mal aufgetreten sind, bedingten Schwankungen der mittleren Temperatur auf der Erde nur um wenige Grad.
Als wesentlicher Grund für den periodischen Wechsel von Eis- und Warmzeiten werden heute die bekannten periodischen Schwankungen der Exzentrizität der Erdumlaufbahn um die Sonne und der Kreiselbewegung der Erdrotationsachse angesehen. Dabei bleibt aber die gesamte Energieeinstrahlung von der Sonne auf die Erde unverändert. Es ändert sich nur der jahreszeitliche Anteil der Einstrahlung auf Nord- und Südhalbkugel. Damit verknüpft sind Änderungen der jahreszeitlichen Windzirkulationen und darüber der Meeresströmungen, vor allem des verstärkten bzw. verminderten Aufquellens nährstoffreicher Tiefenwasser in äquatornahen Zonen. Diese wiederum ermöglichen eine entsprechend verstärkte bzw. verminderte Einbindung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre in pflarrzliche Organismen an der Meeresoberfläche. Die so bewirkte Änderung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre hat dann über den Treibhauseffekt eine entsprechende Temperaturänderung auf der Erde zur Folge.

Der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre betrug gegen Ende der letzten Eiszeit vor ca. 15 000 Jahren 180 bis 200 ppm (ppm = millionstel Volumantei 1 der Luft) und stieg bis zur nachfolgenden Warmzeit vor ca. 5000 Jahren auf 280 bis 300 ppm an. Weiter wissen wir, daß er in den tausend Jahren von ca. 900 bis 1860 konstant geblieben ist bei ca. 270 ppm.

Der Kohlendioxid-Gehalt der Luft wird im ständigen, natürlichen Kreislauf von Kohlendioxid-Austausch zwischen Pflanzenwelt, Atmosphäre, Wasser der Meere und Meeressedimenten geregelt. Der Gehalt der Luft an Kohlendioxid und Wasserdampf hat eine entscheidende Rückwirkung auf das Klima: Ohne diese Gase würde aufgrund der Strahlungsbilanz zwischen Einstrahlung von der Sonne und Abstrahlung von der Erde die mittlere Temperatur auf der Erde etwa -15° C betragen. Diese Gase absorbieren einen Teil der von der Erdoberfläche abgestr:ahlten Wärme und strahlen diese wieder teilweise zurück -Treibhauseffekt - , so daß die mittlere Temperatur gegenwärtig +15° C beträgt.

Prognosen künftiger, menschbedingter Klimaveränderungen

  1. Weiterer Anstieg des Gehalts der Luft an wärmeisolierenden Spurengasen
    Seit etwa 1860 stieg der Kohlendioxid-Gehalt der Luft von damals ca . 270 ppm bis auf den heutigen Wert von 346 ppm stetig an, anfänglich um nur ca. 0,2 ppm/Jahr, heute bereits um 1,6 ppm/Jahr.
    Dieser Anstieg wird verursacht durch die künstliche Freisetzung von Kohlendioxid, heute
    - zu etwa 2/3 durch Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas,
    - zu etwa 1/3 vor allem durch Rodung tropischer Regenwälder und durch Bodenerosion als Folge intensiver landwirtschaftlicher Nutzung von Kulturböden.

    Dabei ist zu beachten, daß ungeachtet der starken Zunahme der künstlichen Kohlendioxid-Freisetzung innerhalb der letzten 100 Jahre bislang von der freigesetzten Menge jeweils ca. 35 bis 50% auf Dauer in der Atmosphäre verblieben sind. (Die Unsicherheit dieses Anteils liegt in der ungenauen Kenntnis der freigesetzten
    Raten durch Entwaldung und Bodenerosion.)
    Die anderen 50 bis 65% werden bislang zum überwiegenden Teil im Oberflächenwasser der Meere absorbiert.

    Dies muß in Zukunft nicht so bleiben: Nachdem der Austausch von Kohlendioxid zwischen Oberflächenwasser und Tiefenwasser der Meere gering ist, muß schon in naher Zukunft eine zunehmende Sättigung der Oberflächenwasser mit Kohlendioxid befürchtet werden. Damit würde aber künftig noch mehr CO2 in der Atmosphäre verbleiben. Andererseits könnte ein bei steigendem C02-Gehalt der Luft vielleicht überproportional gesteigertes Pflanzenwachstum den C02-Gehalt der Luft weniger stark anwachsen lassen; allerdings ist ein solches bislang nicht eingetreten.

    Mangels genauerer Kenntnis nehmen wir für die Abschätzung des künftigen Kohlendioxid-Gehalts der Luft an, daß auch weiterhin wie bisher ca. 35 bis 50% der künstlich freigesetzten Menge auf Dauer in der Atmosphäre verbleiben werden:

    Die Steigerungsrate der Kohlendioxid-Freisetzung betrug im letzten Jahrzehnt ca. 2 bis 3% pro Jahr. Bei einer künftigen Steigerung von nur 1 Prozent pro Jahr wird innerhalb von 50 bis 100 Jahren der Kohlendioxid-Gehalt der Luft auf ca. 500 bis 600 ppm anwachsen.
    Selbst wenn die Freisetzung ab sofort nicht mehr steigen würde, sondern auf dem derzeitigen Wert konstant bliebe, so würde der Kohlendioxid-Gehalt der Luft innerhalb von 50 bis 100 Jahren immer noch auf ca. 400 bis 500 ppm anwachsen.

    Hinzu kommt noch der steigende Gehalt an weiteren wärmeisolierenden Spurengasen in der Luft: Dies sind vor allem
    - das Ozon (in bodennahen Luftschichten durch Zusammenwirken von Sonnenlicht und Stickoxiden - aus Verbrennung von Kohle und öl -gebildet),
    - das Distickstoffoxid (u.a. aus der intensiven Kunstdüngung),
    - Methan (vor allem in tropischen Zonen, zumindest zum Teil aus der dortigen intensivierten Landwirtschaft),
    - Chlor-Fluor-Methane (u.a. aus der Kunststoff-Verschäumung).

    Bei weiterer Freisetzung dieser Spurengase entsprechend den heutigen Steigerungsraten um einige Prozent/Jahr würde ihr Anteil an der Atmosphäre innerhalb von 50 bis 100 Jahren weltweit einen Wert erreichen, der bezüglich der Treibhauswirkung einer zusätzlichen Erhöhung des Kohlendioxid-Gehalts um weitere 200 bis 300 ppm entsprechen würde.

    Daraus folgt, daß bei wie genannt weiter steigenden Freisetzungen innerhalb der nächsten 50 bis 100 Jahre diese wärmeisolierenden Spurengase insgesamt eine klimatische Wirkung wie 700 - 900 ppm Kohlendioxid erreichen werden.

    Zum Vergleich: Der Kohlendioxid-Gehalt der Luft stieg von der letzten Eis·zeit bis zur nachfolgenden Warmzeit von ca. 200 auf ca. 300 ppm, die mittlere Temperatur auf der Erde um einige Grad.

  2. Weitere Abnahme der Waldflächen auf der Erde
    In der letzten Warmzeit vor ca. 5000 Jahren waren schätzungsweise 36% aller Landflächen der Erde von Wald bedeckt, 1860 waren es noch 28%, heute sind es nur mehr ca. 23%.

    Die weitere Abnahme durch Rodungen beläuft sich derzeit jährlich auf etwa 1/2 Prozent des Bestands. Diese starke Abnahme der Waldflächen wird auch starke Auswirkungen vor allem auf den Wasserhaushalt und den Kohlenstoffkreislauf auf der Erde haben.

  3. Klimaveränderungen innerhalb der nächsten 50 bis 100 Jahre
    (Prognosen und deren Unsicherheiten)
    Der Anstieg des Kohlendioxid-Gehalts der Luft innerhalb der vergangenen 100 Jahre sollte KlimamQdellrechnungen zufolge einen Anstieg der mittleren Temperatur auf der Erde um ca. 0,3 Grad bewirkt haben. Ein solch geringer Temperaturzuwachs deutet sich auch an, liegt aber innerhalb der natürlichen kurzzeitigen Temperatur- und Klimaschwankungen.

    Bei einem weiteren Anstieg des Gehalts der Luft an Kohlendioxid und anderen Spurengasen wie bisher könnten die dadurch bedingten Temperaturerhöhungen und Verschiebungen der Klimazonen in etwa ein bis zwei Jahrzehnten ein Ausmaß erreichen, das deutlich über dem der natürlichen Schwankungen liegt, also klar erkennbar würde. Schon für einen Anstieg des Gehalts der Atmosphäre an wärmeisolierenden Spurengasen, nur einer Verdopplung des vorindustriellen Kohlendioxid-Gehalts von 270 ppm auf 540 ppm entsprechend, wie dies schon innerhalb von 50 Jahren leicht möglich ist, sollte Klimamodellrechnungen unterschiedlichster Art zufolge die mittlere Temperatur auf der Erde um ca. 2 bis 4 Grad, in Nähe der Pole sogar um 6 bis 8 Grad ansteigen.

    In den genannten Klimamodellen werden, mehr oder weniger detailliert, die meisten der heute bekannten klimabeeinflussenden Parameter und ihre Rückkopplungen untereinander berücksichtigt. Einige Parameter aber wie z.B. der Wärmetransport in Meeresströmungen und die genaue Änderung der Wolkenbildung mit steigendem Feuchtigkeitsgehalt der Luft konnten bislang noch nicht berücksichtigt werden.

    Auch erlauben die Klimamodelle bislang nur verhältnismäßig ungenaue und meist über große Zonen gemittelte Aussagen über Temperaturanstieg und Klimaveränderungen. Da sich diese Vorhersagen über Temperaturveränderungen mit Änderungen des Kohlendioxid-Gehalts aber im großen und ganzen mit den entsprechenden Änderungen zwischen Eiszeit und Warmzeit decken, müssen sie wohl innerhalb der genannten Schwankungsbreiten als realistisch angesehen werden.

    Ein Anstieg der mittleren Temperatur auf der Erde von 2 bis 4° C - wie er bei Verdoppelung des C02-Gehalts von 270 auf 540 ppm schon innerhalb der nächsten 50 Jahre zu erwarten ist - kann drastische Klimaveränderungen zur Folge haben:
    - So können sich die heutigen Trockenzonen im nördlichen Afrika, in Arabien, in Zentral-Asien und in den südlichen Teilen der USA ausweiten und um viele hundert Kilometer nach Norden verlagern und damit die heutigen dichtbesiedelten, fruchtbaren Winterregenzonen um das Mittelmeer, in den USA und inder südlichen UdSSR in subtropische Trockengebiete verwandeln.
    - Andererseits können nördlichere Gebiete wie z.B. Kanada und Sibirien ein wesentlich wärmeres Klima bekommen. Das zu erwartende Abschmelzen der das Nordpolargebiet bedeckenden, schwimmenden Eisdecke würde innerhalb von etwa 100 Jahren u.a. die Absorption der Sonneneinstrahlung in diesem Gebiet wesentlich erhöhen und damit die Klimaveränderungen noch verstärken.
    - Das mögliche Abschmelzen des westantarktischen Schelf-Eises, vermutlich innerhalb eines Zeitraums von mehreren hundert Jahren, könnte einen Anstieg des Meeresspiegels um 5- 10m bewirken; damit würden niedrig 1 iegende Küstengebiete wie z.B. in den Niederlanden und in Norddeutschland überflutet werden.

  4. Mögliche langfristige Klimaveränderungen
    Der bisherigen Voraussicht nach werden durch menschliche Eingriffe in das natürliche Klimagleichgewicht wesentliche Klimaparameter wie z.B. Gehalt der Luft an wärmeisolierenden Gasen und Waldhedeckung der Erde weit stärker geändert als bei natürlichen Schwankungen, dies noch dazu innerhalb sehr viel kürzerer Zeit als der natürlicher Änderungen.

    Klimamodellrechnungen wurden bislang nur durchgeführt für kleine Änderungen, wie sie auch in der Natur z.B. zwischen Eiszeiten und Warmzeiten aufgetreten sind, von der Natur also in Gleichgewichtsschwankungen geregelt worden sind.

    Nun sollten wir aber wissen, welche Klimaveränderungen uns bevorstehen, wenn z.B. durch Zuwachs der Spurengase in der Luft sich die Wärmeisolationswirkung der Atmosphäre innerhalb von 100 Jahren mehr als verdreifacht, wie dies aus heutiger Sicht mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden muß.

    Bleibt dabei die natürliche Regelfähigkeit noch erhalten oder kippt das Klima in einen Zustand um, der die Lebensfähigkeit auf der ganzen Erde bedroht oder gar vernichtet?

    Groben Abschätzungen zufolge könnte schon bei einer Verdreifachung der Wärmeisolation der Atmosphäre durch Zuwachs an Spurengasen die mittlere Temperatur auf der Erde von heute +15° c auf +30° C ansteigen. Dabei wissen wir nicht, ob sich bei 30° C ein neues Temperaturgleichgewicht einstellt oder ob im Laufe der Zeit die Temperatur noch weiter ansteigen wird. Letzteres ist wohl möglich, wenn z.B. die Wolkenbildung- bei steigender Temperatur trott damit steigendem Feuchtigkeitsgehalt der Luft wegen der Temperaturzunahme bis in Höhen von ca. 15 km auch nur geringfügig abnimmt.

Wege zur Vermeidung oder wenigstens Beschränkung der drohenden Klimakatastrophe

Nötige Entscheidungen und Maßnahmen zur Verminderung der Freisetzung von Kohlendioxid und der weiteren Spurengase wären sicher leichter zu erreichen, wenn das Klimageschehen auf der Erde besser verstanden wäre, wenn unzweifelhafte, eindeutige und detaillierte Vorhersagen für zu erwartende Klimaveränderungen durch unsere Eingriffe in den Naturhaushalt gemacht werden könnten.

Um überhaupt zu besseren und genaueren Klimavorhersagen zu kommen, bedarf es sicher einer raschen, weiteren Erforschung des Klimageschehens und weiterer Verbesserungen der  Klimamodelle. Dies wird auch in den einschlägigen Wissenschaftszweigen in vielen
Ländern der Erde vorangetrieben. Trotzdem können wir - die Schwierigkeiten selbst kurzfristiger Wetterprognosen vor Augen - nie erwarten, bezüglich künftiger  Klimaveränderungen jemals zweifelsfreie Vorhersagen zu bekommen.

Gerade deshalb liegt die einzig mögliche Gewähr für eine Verhinderung oder wenigstens Einschränkung einer weltweiten Klimakatastrophe in der Reduktion aller wesentlichen Ursachen auf ein Maß, für welches nach unserem heutigen Wissen die mittlere Temperatur
auf der Erde um höchstens etwa 1° C ansteigen sollte.

Selbst diese vielleicht gering erscheinende Temperaturerhöhung hätte bereits spürbare Verschiebungen der Klimazonen zu Folge: Dabei könnte die Ausbreitung von Dürregebieten z.B. für die Länder im Mittelmeerraum bereits ein bedrohliches Ausmaß erreichen.

Um den globalen Temperaturanstieg auf maximal 1° C zu begrenzen, dürfte der Gehalt der Atmosphäre an allen wärmeisolierenden Spurengasen in seiner Wirkung dem von 450 ppm Kohlendioxid entsprechend nicht übersteigen.
Um diese Grenze einhalten zu können, müßte die künstliche Freisetzung von Kohlendioxid und den anderen relevanten Spurengasen wie vor allem Stickstoffoxiden, Methan und Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffen ab sofort stetig und kontinuierlich so vermindert werden, daß in spätestens 50 Jahren die Emissionsraten höchstens noch 1/3 der heutigen Emissionsraten betragen.

Das bedeutet ab sofort eine Verminderung aller Emissionsraten um ca. 2% pro Jahr, dies weltweit.

Würde mit den Einschränkungen erst nach 1 bis 2 Jahrzehnten begonnen, nachdem deutliche Klimaveränderungen sichtbar geworden sind, so würde bis dahin der Gehalt der Luft an wärmeisolierenden Spurengasen auf einen Wert entsprechend etwa 400 ppm Kohlendioxid angewachsen sein. Eine Begrenzung auf entsprechend maximal 450 ppm Kohlendioxid erst dann zu beginnen, würde eine Reduktion der Emissionsraten innerhalb von 2 bis 3 Jahrzehnten auf 1/4 der heutigen Raten erfordern. Dies bedeutet eine Verminderung der Emissionsraten um ca. 7% pro Jahr; eine solch steile Reduktion ist praktisch nicht realisierbar.

Um innerhalb der nächsten 50 Jahre alle Emissionen wärmeisolierender Spurengase auf 1/3 der heutigen Werte zu vermindern, müssen ab sofort weltweit alle entsprechenden Ursachen, vor allem

  • die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas,
  • die Rodung tropischer Regenwälder,
  • die Überdüngung der Kulturböden,
  • der Ausstoß von Kohlenwasserstoffen

um 2% pro Jahr vermindert werden.

Die nötige Verminderung der Nutzung fossiler Brennstoffe innerhalb weniger Jahrzehnte kann durch die Summe folgender Maßnahmen erreicht werden:

  • Verbesserung des Wirkungsgrads bei der Umwandlung fossiler Brennstoffe zu Endenergie (Wärme, Strom, Treibstoffe) und bei deren Nutzung.
  • Verminderung des Energiebedarfs (z.B. durch bessere Wärmedämmung von beheizten Räumen, durch Reduktion des Treibstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen).
  • Verstärkter Einsatz von Fernwärme, vor allem durch gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme in Heizkraftwerken.
  • Verstärkte Nutzung nicht auf Verbrennung beruhender Primärenergien,
    vor allem Kernenergie und Sonnenenergie.

Rasch wirksam können dabei zum einen Maßnahmen zur Energieeinsparung und effizienteren Energienutzung, zum anderen der verstärkte Einsatz von Kernenergie (gegenwärtig vorwiegend mittels Leichtwasserreaktoren) sein.

Langfristig bieten sich aus heutiger Sicht für eine Energieversorgung, bei der keine wärmeisolierenden Spurengase emittiert werden, Sonnenenergie und Kernenergie an: Neue Techniken, für Kernenergie Hochtemperaturreaktor und Brutreaktor, für umfangreiche Sonnenenergienutzung vor allem Solarwärmekraftwerke und fotovoltaische Kraftwerke, sind in Erprobung.

Aufruf

Die Verantwortlichen in der Politik sind aufgerufen

  • die Diskussion der künftigen Energie-Versorgung unter Berücksichtigung der drohenden Klimakatastrophe, wesentlich bedingt durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, erneut zu führen:
    In der bisherigen Bewertung um die ökologisch/klimatischen Konsequenzen unterschiedlicher Energieversorgungsstrategien wurden als Kriterienbereiche im wesentlichen berücksichtigt:
    Die Schadstoffbelastung (S02, NOx, etc.): Auswirkung auf Mensch, Tier, Boden, Wald etc. Das Abwärmeproblem: Lokales Aufheizen von Gewässern und Luftschichten.
    Die Rückhaltung radioaktiver Substanzen: Langfristige Sicherung von Abfällen und Schutz vor Störfällen etc.
    Dieser Kriteriensatz muß aufgrund der dargelegten Gefahren für das globale Klima um den wesentlichen Punkt Klimaveränderung durch C02 und die anderen wärmeisolierenden Spurengase (N20 etc.) erweitert werden.
  • Diese Problematik auch international, so auf EG-Ebene und auf den Weltwirtschaftsgipfeln bewußt zu machen,
  • die notwendigen, langfristigen Entscheidungen bald und verläßlich zu fällen.

Die Verantwortlichen in Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgerufen

  • emissionsarme, gesamtwirtschaftlich optimierte Lösungen für eine möglichst großräumige Energieversorgung zu erarbeiten,
  • effiziente Methoden bezüglich der Energie umwandlungen und Energie-Nutzung, vornehmlich unter Heranziehen der nichtfossilen Energie-Quellen verfügbar zu machen,
  • die Forschung im Bereich des Klimageschehens zu intensivieren, dies in nationaler und internationaler Zusammenarbeit.

Jeder Bürger ist aufgerufen, durch sein eigenes Verhalten

  • zu sparsamster Nutzung von Energie,
  • zu zunehmender Nutzung nichtfossiler Energien,
  • zu drastischer Verminderung der Emission von Kohlendioxid und der anderen, wärmeisolierenden Spurengase, soweit dies im Rahmen seiner Arbeit und der Gestaltung seines Lebens möglich ist, beizutragen.