CO2-Emissionen beim Reisen

Ob Bus, Auto oder Bahn - beim Reisen wird oft viel CO2 ausgestoßen. Aber wie viel eigentlich genau? Und welches Transportmittel ist tatsächlich am klimafreundlichsten?

Berechnungsmethoden
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Emissionen pro gefahrenen Kilometer je Transportmittel zu berechnen. Wird zum Beispiel berücksichtigt, wieviele Treibhausgase in der Herstellung der Fahrzeuge oder Infrastruktur ausgestoßen wurden? Dadurch können sehr unterschiedliche Werte herauskommen. Welche Berechnungsweise die richtige ist, hängt sicherlich auch von deinem Anwendungsfall ab.

Für politische Entscheidungen ist eine Gesamtbetrachtung der Emissionen interessant. Neben den Emissionen, die vor Ort bei einer Fahrt stattfinden, sollte auch die Herstellung der Fahrzeuge, der Treibstoffe, der Aufbau sowie Erhalt der Infrastruktur, die mittlere Auslastung sowie die Wartung der Verkehrsmittel berücksichtigt werden. Für eine Einzelentscheidung hingegen ist auch zu berücksichtigen, ob das Verkehrsmittel ohne dich fahren würde (Bsp. Öffis).

Das Umweltbundesamt (UBA) hat dazu in einer sehr ausführlichen Studie die Emissionen pro Personenkilometer pro Fahrzeugtyp ermittelt und nach Kategorien aufgeschlüsselt:

CO2 Austoß pro Verkehrsmittel 3.png
CO2 Austoß pro Verkehrsmittel 3.png

Abbildung 1: CO2-eq Emissionswerte in Gramm pro Person pro Kilometer für verschiedene Verkehrsmittel. Eigene Darstellung nach [1]. Herstellung und Betrieb der Fahrzeuge bzw. Infrastruktur sind mit berücksichtigt. Nicht berücksichtigt sind ggf anfallende Zubringerfahrten (z.B. zum Bahnhof oder Flughafen).
* Eigene Abschätzung nach Auslastungszahlen gemäß Tabelle 1.

Ergebnisse
Es wird ersichtlich, dass bei aktueller Auslastung Bus und Schienenverkehr pro Personenkilometer am klimafreundlichsten sind und der Flugverkehr das Schlusslicht bildet. Der Hauptanteil der Emissionen wird durch den Betrieb der Fahrzeuge (maßgeblich der Kraftstoffverbrauch) verursacht.
Doch interessanterweise ist dabei die Auslastung der Fahrzeuge entscheidend. Abgesehen von den mit "voll" markierten Posten ist von der mittleren Auslastung der Verkehrsmittel in Deutschland gemäß Tabelle 1 ausgegangen. Nimmt man jedoch eine vollständige Auslastung an, zeigt sich ein ähnliches Bild, aber mit deutlich geringerem Ausstoß. Ein mit 5 Personen voller PKW stößt dadurch weniger Treibhausgase pro km und Person aus, als ein durchschnittlich ausgelasteter Zug. Ist es also besser in einem vollen Auto zu fahren, wenn es die Möglichkeit dazu gibt?

Verkehrsmittel Mittlere Auslastung
PKW 1,5 Personen / Fhrzg
Linienbus 14,5 Personen / Fhrzg
Reisebus 26,8 Personen / Fhrzg
Zugnahverkehr 21 %
Zugfernverkehr 44 %
Flugverkehr 69 - 74 %

Tabelle 1: Mittlere Auslastung der Verkehrsmittel in Deutschland [1]

Welche Individualentscheidung ist am klimafreundlichsten?
Eine kleine Gruppe von 5 Personen kann sich hier berechtigterweise die Frage stellen, ob es nicht klimafreundlicher wäre, mit einem vollen Auto als mit (normal ausgelasteten) öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. In der (von der Gesellschaft isolierten) Einzel- oder Kleingruppenentscheidung ist jedoch klar, dass die öffentlichen Verkehrsmittel trotzdem die klimafreundlichere Wahl sind, da sie so oder so fahren. Das gilt im Normalfall auch für das Flugzeug. Doch gilt es auch zu berücksichtigen, welches Transportmittel man mit der eigenen Entscheidung finanziert und somit fördert, und ob Mitmenschen sich nicht ähnlich verhalten würden, sodass gegebenenfalls ein Flugzeug oder Bus weniger fährt, wenn man darauf verzichtet.

Also was ist jetzt am klimafreundlichsten?
 > Isolierte Einzelentscheidung: Bus und Bahn
 > Isolierte 5er-Gruppenentscheidung: Bus und Bahn
 > Entscheidung unter ähnlich denkenden Mitmenschen: Bus und Bahn. Ggf. Auto, wenn sich z.B. auf dem Land mit Bussen keine ausreichende Auslastung erzielen lässt.

Welche Systementscheidung ist am klimafreundlichsten?
Für die Politik sollten nicht die Emissionen der Einzelentscheidung, sondern die des Gesamtsystems zählen. Anders als das Individuum ist die Politik theoretisch in der Lage, die Auslastung aller Verkehrsmittel und das Angebot der Öffentlichen zu beeinflussen. Gegebenenfalls kann es sein, dass mit Bus und Bahn keine hohe mittlere Auslastung zu erreichen ist. Zum Beispiel auf dem Land. Dort könnten volle PKWs durch Fahrgemeinschaften am klimafreundlichsten sein. Im allgemeinen Fall ist jedoch davon auszugehen, dass Bus und Schienenfahrzeuge insgesamt klimaschonender sind und die Auslastung und Effizienz aller Verkehrsmittel erhöht werden sollte.

Was ist eigentlich schlechter fürs Klima: Kurz- oder Langstreckenflug?
Der Ausstoß pro km hängt unter anderem von der Fluglänge ab. Bei kurzen Flügen < 1.000 km fällt der energieintensive Startvorgang mehr ins Gewicht. Dem gegenüber steht bei längeren (und somit höheren) Flügen der Effekt der verstärkten Klimawirkung bei Emission in großer Höhe, repräsentiert durch den Radiative Forcing Index (RFI). Tatsächlich unterscheidet sich der Emissionswert von Kurz- und Langstrecke dadurch fast nicht mehr. [1]

Was genau bedeutet "CO2-eq"?
Mit der Verwendung von "CO2-Äquivalenten" (CO2-eq) sollen alle Treibhausgase berücksichtigt werden. Dafür wird für andere Gase die Menge an CO2 ausgerechnet, die den gleichen Treibhauseffekt erwirkt. Dieser ist für jedes Gas unterschiedlich. Methan (welches z.B. von Rindern ausgestoßen wird) hat beispielsweise einen X [Zahl recherchieren] mal stärkeren, erwärmenden Effekt als CO2. Das ist jedoch noch nicht alles, was berücksichtigt werden muss. Die Gase unterscheiden sich zudem noch in der Lebensdauer in der Atmosphäre. Somit muss man einkalkulieren, dass Methan z.B. nach ca 12 Jahren abgebaut wird, CO2 aber erst nach hunderttausenden von Jahren. Im zeitlichen Limes ginge die Klimawirkung von ein Tonne emittiertem Methan im Vergleich zu einer Tonne CO2  demnach gegen null. Da die Menschheit aber vor allem an der Klimawirkung in den nächsten Jahrzehnten interessiert ist, vergleicht man die Wirkung der Gase (typischerweise) in den nächsten 100 Jahren. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass Gase wie Methan kurzfristig (<100 a) einen höheren Einfluss auf das Klima haben als CO2 , langfristig (>100 a) aber einen geringeren. [2,3]
Die hier verwendeten CO2-eq Zahlen basieren auf einer Umrechnung der Klimawirkung auf CO2 über eine Dauer von 100 Jahren.

Quellen

[1] Umweltbundesamt. Treibhausgas-Emissionen durch Infrastruktur und Fahrzeuge des Straßen-, Schienen- und Luftverkehrs sowie der Binnenschifffahrt in Deutschland. 2013. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/texte_96_2013_treibhausgasemissionen_durch_infrastruktur_und_fahrzeuge_2015_01_07.pdf

[2] Umweltbundesamt. Die Treibhausgase. 2020. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase

[3] United Nations Climate Change (UNFCCC). Global Warming Potentials. https://unfccc.int/process/transparency-and-reporting/greenhouse-gas-data/greenhouse-gas-data-unfccc/global-warming-potentials

Linus Kemme, 10/2020