Drastische Reduktion der fossilen Brennstoffe, die vom Weltklimarat für das Erreichen der Ziele des Paris Abkommens als notwendig erachtete drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen wird hier schematisch auf die fossile Energieproduktion übertragen.

Nicht-fossile Energie: Eine Globale Herausforderung für den Klimaschutz

Ausgabe 66 | April 2023 | „Der Klimawandel bedroht die Menschheit – mit Wissenschaft und Technik, Mut und Entschlossenheit können wir ihn aufhalten.“ - Joachim Ullrich (DPG-Präsident)

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  • Die Menschheit deckt ihren Primärenergiebedarf heute zu rund 80 Prozent durch fossile Brennstoffe1.
  • Klimaschutz erfordert den Stopp der Netto-CO2-Emissionen bis zum Jahr 20502.
  • Der Klimawandel wartet nicht: Das Tempo der Wende zur nicht-fossilen Energiewelt muss mit aller Kraft beschleunigt werden.

Schon im Jahr 1987 veröffentlichte die Deutsche Physikalische Gesellschaft zusammen mit der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft DMG den Aufruf „Warnung vor drohenden weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen“3.

Rasche Veränderungen des Klimas mit einer mittleren Erhöhung der Temperatur auf der Erde von mehr als 1,5 °C werden schwer abschätzbare Risiken für das Leben, die Welternährung und die Biodiversität haben4,5. Um dies zu vermeiden, fordert die Wissenschaft daher eine schnelle Reduktion der Netto-CO2 -Emission herunter bis auf null. Verschärft wird die Situation durch sogenannte Klima-Kipppunkte6, an denen die Erwärmung durch zusätzliche Effekte, wie das Schmelzen des arktischen Eises, weiter und schwer voraussagbar beschleunigt wird. Jüngste Berechnungen zeigen, dass einige von ihnen bereits bei einer mittleren Erwärmung von weniger als 2 °C überschritten werden könnten oder bereits heute überschritten sind.

Dennoch blieb mit etwa 80 Prozent der Anteil fossiler Energieträger an der Deckung des weltweiten Gesamtenergiebedarfs bis heute fast konstant1 . Moderne Solar- und Windanlagen haben – genau wie die Kernenergie – einen Beitrag von jeweils nur etwa vier Prozent1.

Die Nutzung fossiler Energieträger muss weltweit bis spätestens 2050 beendet werden2, um mit einiger Sicherheit die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Dazu sind jährlich rund 140 Mio. Gigawattstunden (GWh) durch nicht-fossile Energieformen zu ersetzen; das entspricht theoretisch dem Energie-Output von 16.000 konventionellen Kraftwerken.

Die Herausforderung ist gewaltig und sie ist global. Deutschland trägt etwa 2 % und Europa etwa 14 % zur gesamten CO2 -Emission bei. Dennoch sind die Anstrengungen zur Emissionsreduktion in Europa wichtig und wegweisend, insbesondere im Hinblick auf die Verantwortung und Vorbildfunktion der Industrieländer. Diese stehen in der Pflicht, den Pfad zur Transformation der Gesellschaft unter Beibehaltung der Konkurrenzfähigkeit von Wirtschaft und Industrie auf dem Weltmarkt zu entwickeln und darüber hinaus finanzschwachen Ländern zu helfen, damit auch diese Netto-NullEmissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts erreichen können.

Solar- und Windenergie schwanken allerdings zeitlich und räumlich sehr; sie sind volatil. Speicherung und Transport der daraus gewonnen Energieformen erfordern einen massiven Ausbau insbesondere von elektrochemischen und chemischen Speichern (Batterien, Wasserstoff, Methan, Ammoniak, etc.) sowie Wärme- und Pumpspeichern. Für letztere gibt es innovative Konzepte, die stillgelegte Berg- und Tagebau nutzen.7

Der Einsparung kommt eine besondere Bedeutung zu und muss weiter konsequent verfolgt werden. Dazu gehört eine effiziente Wärmedämmung von Gebäuden, das Heizen mit Wärmepumpen8, die Lichterzeugung mit LEDs und vieles mehr bis hin zu einer grundlegenden Neukonzeption von Mobilität und ihren Antriebsformen.

Der Klimawandel wartet nicht: Die Zahlen verdeutlichen, dass das Tempo der Energiewende mit aller Kraft beschleunigt werden muss. Das erfordert insbesondere auch politische Rahmenbedingungen wie den Emissionshandel und eine realistische CO2 -Bepreisung sowie den Abbau von Hürden für den Aufbau eines klimafreundlichen Energie- und Transportsystems.

Der CO2 -Ausstoß muss drastisch gesenkt werden, um mit einiger Sicherheit eine irreversible Klimakatastrophe zu verhindern (blaue Kurve)9.

Drastische Reduktion der fossilen Brennstoffe Die vom Weltklimarat für das Erreichen der Ziele des Paris Abkommens als notwendig erachtete drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen wird hier schematisch auf die fossile Energieproduktion übertragen.10

 


Fußnoten und Quellen

1. Zur Vergleichbarkeit verschiedener Primärenergien wurde die Substitutionsmethode verwendet. Bei der Substitutionsmethode (direkten Methode) liegt der Anteil der fossilen Energieträger bei 77% (86%) und der der Kernenergie bei 4% (1,8%). „Our World of Data“; https://ourworldindata.org/energy-production-consumption

2. IPCC, The Physical Science Basis; Summary for Policymakers, Climate Change 2019; https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/ sites/2/2018/07/SR15_SPM_version_stand_alone_LR.pdf

3. Gemeinsamer Aufruf der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft veröffentlicht in Phys. Bl. 43 (1987) Nr. 8; https://www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/stellungnahmen-der-dpg/klimaenergie/warnung-vor-drohenden-weltweiten-klimaaenderungendurch-den-menschen

4. C. Mora et al., Nature, Climate Change 7, 501–506 (2017) sowie IPCC, Impacts, Adaptation and Vulnerability, Summary for Policymakers; https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg2/downloads/report/ IPCC_AR6_WGII_SummaryForPolicymakers.pdf

5. Global Assessment Report on Disaster Risk Reduction, United Nations, GAR2022, Mai 2022; https://www.undrr.org/gar2022- our-world-risk

6. Exceeding the 1.5°C global warming could trigger multiple climate tipping points; Science, Vol. 377, No. 6611, 2022

7. Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen Energiesystem (DPG 2010 / Arbeitskreis Energie); https:// www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/studiender-dpg/studie-elektrizitaet sowie G. Luther, H. Schmidt-Böcking, „Pumpspeicherkraftwerk mit einem von einer Ringstaumauer umschlossenen Speicherbecken“ Offenlegungsschrift DE 10 2021 004 099 A1; https://patentimages.storage.googleapis.com/b3/e4/9f/5a792b256d149a/ DE102021004099A1.pdf

8. Siehe Physikkonkret Nr. 49 „Wärmepumpe versus Kraft-WärmeKopplung“; https://www.dpg-physik.de/veroeffentlichungen/publikationen/physikkonkret/waermepumpe-versus-kraft-waermekopplung

9. IPCC_AR6_WGIII_Full_Report, Fig. TS 9, Seite TS-29; https://report.ipcc.ch/ar6/wg3/IPCC_AR6_WGIII_Full_Report.pdf

10. Bisheriger Energieverbrauch aus „Our World of Data“; https://ourworldindata.org/energy-production-consumption

 

Die DPG dankt ihrem Autor Michael Düren von der Universität Gießen und dem Arbeitskreis Energie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.