Press Release
der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, der Technischen Universität Dresden und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung
Quanten, Kunst und Kapital
Gipfeltreffen der Physik in Dresden: rund 7000 Teilnehmer aus aller Welt
Dresden, 7. März 2011 – An der Technischen Universität Dresden startet am Wochenende der größte europäische Physikkongress des Jahres. Zur Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) treffen sich vom 13. bis 18. März rund 7000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt, darunter fünf Nobelpreisträger und mehr als 600 Fachleute aus dem Ausland. Das vielseitige Tagungsprogramm spannt den Bogen von der physikalischen Grundlagenforschung zur angewandten Forschung. Im Fokus stehen beispielsweise die Computer von übermorgen, die Hightech-Untersuchung von Kunstobjekten und das Auf und Ab des Finanzmarktes. Auch geht es um Rüstungskontrolle, Energie- und Klimaforschung sowie um Fälschungen und Mobbing in der Wissenschaft. Die lokale Organisation der Mammuttagung liegt in Händen des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW Dresden). (Foto: Renate Franke/pixelio.de)
Materialforschung und Quantencomputer: Das Tagungsprogramm umfasst ein weites Spektrum an Themen. So wird in Dresden beispielsweise über Fortschritte in der Datenspeicherung und Mikroelektronik sowie in der Laser- und LED-Technologie diskutiert. Zudem geht es um optische Materialien und um aktuelle Entwicklungen rund um den Quantencomputer. Zwar gibt es von derlei Maschinen bislang nur Bauteile im Labormaßstab, doch Forscher sind davon überzeugt, dass ein ausgereiftes Modell bestimmte Berechnungen viel schneller bewältigen könnte als gängige Computer. Weitere Themen sind supraleitende Materialien, die den elektrischen Strom „hemmungslos“ transportieren, und „Graphen“ – eine Form des Kohlenstoffs, deren Entdeckung jüngst mit dem Physik-Nobelpreis bedacht wurde. Das Material wird als Bausubstanz für Computerchips gehandelt.
Realität und Kunst: Eine Fachsitzung geht der Frage nach, inwieweit die Physik die Realität tatsächlich erfassen kann. Eine andere Sitzung befasst sich mit modernsten Techniken zur Untersuchung von Kunstobjekten und historischen Artefakten. Unter der Lupe: die Höhlenbilder von Lascaux, Gemälde von Dürer und Rembrandt sowie der Goldschatz von Hiddensee. Weiteres Thema: Hightech-Methoden der Weinprobe.
Bionik und Strahlentherapie: Vielfältig wie das Leben sind die Tagungsbeiträge aus der Biologischen Physik: Hier geht es beispielsweise um künstliche Werkstoffe nach dem Vorbild der Natur (Bionik) und um die Frage, wieso Spermien und andere schwimmende Einzeller eigentlich nicht in ihrer flüssigen Umgebung stecken bleiben – denn für derlei kleine Schwimmer ist Wasser eigentlich so zäh wie Honig. Strahlentherapie und physikalische Methoden der medizinischen Diagnose (wie Magnet-Resonanztomographie, Ultraschall und Röntgendiagnostik) stehen derweil im Mittelpunkt der Vorträge aus dem Bereich der Medizinischen Physik.
Sicherheitspolitik und Kalter Krieg: Wie steht es um die Sicherheit des russischen Inventars an waffenfähigem Kernmaterial? Wohin entwickelt sich die atomare Abrüstung nachdem der neue START-Vertrag jüngst in Kraft getreten ist? Wie steht es um die Uran-Anreicherung im Iran und in Nordkorea? Solche Fragen werden in den Sitzungen zur Rüstungskontrolle und Sicherheitspolitik diskutiert. Überdies widmen sich zahlreiche wissenschaftshistorische Vorträge der Physik in der Zeit des Kalten Krieges. Im besonderen Fokus stehen Entwicklungen in der DDR und in der Sowjetunion, aber auch die Frage, ob der Kalte Krieg Einfluss hatte auf die Vergabe des Physik-Nobelpreises.
Elektromobilität und „Climate Engineering“: Während der Tagung werden zahlreiche Aspekte der Energieforschung, Energietechnik und Energiepolitik behandelt: Neben dem Energie-Konzept der Bundesregierung geht es beispielsweise um Solarstrom, Elektromobilität, Kernspaltung, Kernfusion, Atommüll und Windenergie. Außerdem steht in Dresden die Klimaforschung auf dem Programm: Vor dem Hintergrund, dass die Verringerung des CO2-Ausstoßes nicht ausreichen könnte, um den Klimawandel zu begrenzen, werden immer wieder Konzepte diskutiert, das Klima mittels technischer Verfahren zu beeinflussen. Eine Fachsitzung widmet sich diesem „Climate Engineering“.
Finanzblasen und Massenbewegungen: Der Finanzmarkt, traditionelles Metier der Wirtschaftswissenschaftler, ist mittlerweile zum Forschungsobjekt der Physik geworden. „Ökonophysik“ heißt diese Disziplin, die sich mit Börsenschwankungen, Risikobewertung und auch mit der Finanzkrise auseinandersetzt. Derweil sucht die „Soziophysik“ nach Gesetzmäßigkeiten im Verhalten der „Masse“, also im Verhalten großer Menschenmengen. Im Blickpunkt dieser Tagungsbeiträge stehen die sozialen Foren des Internets, aber auch andere gesellschaftliche Gruppen.
Fouls und Torchancen: Ab welcher Spielminute zahlt sich ein rotwürdiges Foul aus? Wie lassen sich Fitness und Erfolgswahrscheinlichkeit quantifizieren? Um solche Fragen dreht sich eine Fachsitzung, die die „schönste Nebensache der Welt“ zum Thema hat.
Preise und Promis: Feierlicher Höhepunkt der Tagung ist ein Festakt am 15. März im Audimax der TU Dresden. Nach Ansprachen der Sächsischen Wissenschaftsministerin, Sabine Freifrau von Schorlemer, und des DPG-Präsidenten, Wolfgang Sandner, wird die DPG ihre beiden höchsten Auszeichnungen für wissenschaftliche Leistungen überreichen: die Max-Planck-Medaille für Theoretische Physik und die Stern-Gerlach-Medaille für Experimentelle Physik. Preisträger sind der Italiener Giorgio Parisi und der Hamburger Teilchenphysiker Günter Wolf. Überdies wird die ZDF-Journalistin Hildegard Werth, die unter anderem für das „heute Journal“ tätig ist, mit der Medaille für Naturwissenschaftliche Publizistik ausgezeichnet. Den Festvortrag hält der renommierte österreichische Quantenphysiker Anton Zeilinger. Er wird über die „spukhafte Fernwirkung“ und andere Merkwürdigkeiten der Quantenwelt sprechen.
Öffentliches Programm: Dem allgemeinen Publikum bietet der Kongress ebenfalls Gelegenheiten, mit Physik auf „Tuchfühlung“ zu gehen. Mitmach-Experimente und physikalische Vorführungen gibt es bereits ab heute im KaufPark in Nickern. Während der Tagung finden dann zwei öffentliche Abendvorträge an der TU Dresden statt. Während der Dresdner Karl Leo über neueste Entwicklungen im Bereich der Photovoltaik sprechen wird, behandelt Siegfried Hunklinger von der Universität Heidelberg ein pikantes Thema: Fälschungen und Mobbing in der Wissenschaft. Außerdem wird unter dem Motto „EinsteinSlam“ ein öffentlicher Vortragswettbewerb stattfinden, bei dem das Publikum per Stimmabgabe die beste Vorführung kürt. Der Eintritt zu allen öffentlichen Veranstaltungen ist frei.
„Physik im KaufPark“
Montag, 7. – Samstag, 12. März, täglich 10:00 – 20:00 Uhr
KaufPark Dresden, Dohnaer Straße 246 (Nickern)
„EinsteinSlam: Physik in 10 Minuten“
Montag, 14. März, 20:00 Uhr
TU Dresden, Mathematik-Hörsaal, Trefftz-Bau, Zellescher Weg 16
Vortragswettbewerb: Ein physikalisches Thema und nur 10 Minuten Zeit, um es spannend rüberzubringen. Geht das?
Sechs Vortragende stellen sich dem Urteil der Zuschauer: www.einstein-slam.de
„Photovoltaik - Strom aus der Sonne“
Mittwoch, 16. März, 20:00 Uhr
TU Dresden, Audimax/Hörsaalzentrum, Campus Südvorstadt
Abendvortrag von Prof. Dr. Karl Leo, TU Dresden
„Redlichkeit in der Wissenschaft“
Donnerstag, 17. März, 20:00 Uhr
TU Dresden, Audimax/Hörsaalzentrum, Campus Südvorstadt
Abendvortrag von Prof. Dr. Siegfried Hunklinger, Universität Heidelberg
HINWEIS AN DIE MEDIEN
Der Tagungsband umfasst mehr als 600 Seiten. Für Journalisten gibt es eine Programmübersicht („Pressetipps“)
unter folgender Adresse: www.dpg-physik.de/presse