16.03.2000

Pressemitteilung

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Physik als Innovationsgenerator: Internationale Tagung der Festkörperforschung in Regensburg

Vom 27. bis 31. März veranstaltet der Arbeitskreis Festkörperphysik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) seine diesjährige Frühjahrstagung an der Uni-versität Regensburg. Vorgestellt werden aktuelle Forschungsergebnisse aus der Welt der kondensierten - der festen und "weniger" festen - Materie. Vertreten sind solch unterschiedliche Fachgebiete wie Halbleiterelektronik, Nanomechanik oder Biophysik. Die Organisatoren erwarten bis zu 3000 Teilnehmer, darunter prominen-te Gäste wie den Präsidenten der American Physical Society, James S. Langer, den Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Ernst-Ludwig Winnacker, und Nobelpreisträger Klaus von Klitzing. Eine Lehrerfortbildung, öffentliche Abendvorträge und eine Podiumsdiskussion mit dem Titel "Life Science - Neue Berufsperspektiven für Physiker" runden das Programm ab.

Nach der American Physical Society ist die DPG die zweitgrößte physikalische Fachgesellschaft weltweit. Rund ein Drittel ihrer 30.000 Mitglieder gehört dem Arbeitskreis Fest-körperphysik an, der bereits zum sechsten Mal seine Frühjahrstagung an der Universität Regensburg ausrichtet. An dem Programm beteiligt sind außerdem die Österreichische Physikalische Gesellschaft, die Nederlandse Natuurkundige Vereniging sowie die Union of Czech Mathematicians and Physicists. Überdies tritt in Regensburg der Beratende Ausschuss der Industriephysiker zusammen, der zum Abschluss eines "Industrietages" über Physik und Biotechnologie am 30. März eine öffentliche Podiumsdiskussion veranstaltet (16:00 Uhr, H17, Gebäude der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften).

Die Vielfalt der Tagungsthemen spiegelt sich wider in einem dicht gepackten Programmband, der beinahe 2500 Beiträge aus der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung auflistet. Ein für technische Anwendung hoch interessantes Thema ist die Magnetoelektronik und eng damit verbunden der spinabhängige Elektronentransport in Halbleitern. Hierüber berichtet Joachim Wecker von der Siemens AG am 27. März (8:30 Uhr, Audimax, Zentrales Hörsaalgebäude).

Nobelpreisträger Klaus von Klitzing stellt am 29. März den Stand der Forschung sowie die historische Entwicklung rund um dem Quanten-Hall-Effekt vor - ein elektronisches Phänomen, das bei extrem tiefen Temperaturen auftritt (8:30 Uhr, Audimax). Mit dem Quanten-Hall-Effekt befasst sich außerdem eine Fachsitzung am 28. März, an der auch Experten aus den USA, Israel, Österreich und Russland teilnehmen.

Über Fortschritte auf dem Gebiet elektrooptischer Werkstoffe wird auf der Fachsitzung "Photonische Kristalle" diskutiert (27. März). Technische Bauelemente aus diesen Materialien könnten für die "Photonik" eine ähnlich rasante Entwicklung einleiten, wie sie in der Elektronik während der letzten Jahrzehnte stattgefunden hat.

Um neue Technologien für Flachbildschirme geht es am 27. und am 30. März. Von organischen Halbleitern versprechen sich Wissenschaftler und Ingenieure besonders handliche Anzeigen, die sich sogar zusammenrollen lassen. Prototypen gibt es bereits. Dagegen sind magnetische Etiketten, mit denen Kaufhäuser ihre Ware vor Ladendieben schützen, schon lange serienreif. Solche Metallstreifen sind ein Beispiel für magnetische Sensoren, die in unterschiedlichster Ausführung auch in Kraftfahrzeugen oder den Leseköpfen von Festplatten zum Einsatz kommen. Physikalische Grundlagen und Technik von Magnetfeld-Sensoren stehen im Blickpunkt einer Fachsitzung am 27. März.

Weitere Akzente haben die Veranstalter durch eine Reihe von Symposien gesetzt, in denen es beispielsweise um chemische Reaktionen an Festkörperoberflächen (30. März) geht. Überdies hält Gerhard Ertl vom Fritz-Haber-Institut einen Plenarvortrag zu diesem Thema (29. März, 9:15 Uhr, Audimax). Ein anderer Schwerpunkt: Kohlenstoff-Nanoröhren - diese synthetischen Moleküle, deren Struktur an Maschendrahtzaun erinnert, besitzen außergewöhnliche elektronische und mechanische Eigenarten (30. März). Einen Einblick in die Nanowelt gibt auch Michael Roukes vom California Institute of Technology: In seinem Plenarvortrag am 31. März lotet der US-Amerikaner die Grenzen der mechanischen Miniaturisierung aus (8:30 Uhr, Audimax).

Lassen sich Halbleiter-Chips mit Nervenzellen verbinden? Wie funktioniert die ATP-Synthase - ein Biomolekül, das einer winzigen Rotationsmaschine gleichkommt? Solchen Fragen geht am 29. März das Symposium "Biologie und Physik"; nach. Das Programm dieser Fachsitzung verdeutlicht die zunehmende Verzahnung von Biologie, Grenzflächen-physik und Nanotechnologie.

Im Rahmen einer Festsitzung am Mittwoch, den 29. März, ehrt die DPG Dr. Clemens Bechinger für seine herausragende wissenschaftliche Arbeit: Der Konstanzer Physiker erhält den Walter-Schottky-Preis für Festkörperforschung. Im Rahmen derselben Festsitzung wird Dr. Thomas Michely mit dem Gaede-Preis der Deutschen Vakuum-Gesellschaft ausgezeichnet.

Lehrerinnen und Lehrer können sich auf einer Fortbildung am 31. März sowie am 1. April über aktuelle Forschungsschwerpunkte und ungewöhnliche Arbeitsgebiete der Fachdidaktik informieren. Die Teilnahme an diesen "Lehrertagen" ist kostenlos. Auch Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sind willkommen. Die Vorträge am 31. März vermitteln einen Einblick in die Nanotechnologie und in moderne Messtechniken wie die Ultrakurzzeitspektroskopie. Weitere Themen sind "Physik und Weltanschauung" sowie die naturwissenschaftliche Früherziehung. Die Vortragsreihe beginnt um 9:30 Uhr im Hörsaal H4 (Zentrales Hörsaalgebäude). Am 1. April, einem Samstag, werden Workshops angeboten.

Zum öffentlichen Begleitprogramm gehören zwei Abendvorträge und eine Kunstausstellung. Die Kunstausstellung "Grenzflächen - Ästhetik der Physik" zeigt optisch ansprechende Bilder aus der Physik, die zum Beispiel mit einem Mikroskop aufgenommen wurden. Die Exponate sind auf der Galerie des Zentralen Hörsaalgebäudes zu sehen. Auf einer besonderen Veranstaltung am 30. März erwarten die Besucher musikalische Beiträge und Videoprojektionen. Diese Vorstellung beginnt um 19:00 Uhr im Hörsaal H3 des Zentralen Hörsaalgebäudes. Die beiden Vorträge finden jeweils ab 20:00 Uhr im Audimax statt (Eintritt frei). Am 28. März unternimmt Prof. Dr. Hans-Joachim Wilke eine Reise in die Vergangenheit unter dem Titel: "Wie der Mensch zur Elektrizität fand". Den Finanzmarkt aus der Perspektive eines Physikers beobachtet Diethelm Würtz in seinem Vortrag "Physik an der Börse" (29. März). Diese Veranstaltungen richten sich ausdrücklich nicht nur an Fachleute.

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit rund 55.000 Mitgliedern auch mitgliederstärkste physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de