60. Physikertagung Jena 1996 Donnerstag 21. März 1996


Fachsitzung  Abrüstung und Verifikation

In den letzten Jahren sind eine Reihe von Rüstungsbegrenzungs- und Abrüstungsverträgen geschlossen worden, deren Einhaltung von großer Bedeutung für die Sicherheit in Europa ist. Andere Abkommen sind in Vorbereitung. Sie sind in wachsendem Maß auf neue technische Mittel zur Überprüfung (Verifikation) der Vertragseinhaltung angewiesen. Parallel haben in der Bundesrepublik - v.a. durch Anschubfinanzierung der Volkswagen-Stiftung - einige naturwissenschaftlich orientierte Forschungsprojekte Arbeiten in diesem Bereich durchgeführt. Die Gruppen haben sich 1995 zum Forschungsverbund Naturwissenschaft, Abrüstung und Internationale Sicherheit FONAS zusammengeschlossen. Die Sitzung 'Abrüstung und Verifikation' soll:

  1. beispielhaft die Anwendung physikalisch-technischer Verfahren in der Überprüfung bestehender und in Verhandlung befindlicher Rüstungsbegrenzungs- und Abrüstungsverträge zeigen;
  2. die Ergebnisse der jüngeren physikalischen Forschung zuVerifikationsfragen in Deutschland vorstellen;
  3. Entwicklungs- und Erprobungsaktivitäten in diesem Bereich darstellen.

Einige wichtige Probleme von allgemeiner Tragweite werden durch Hauptvorträge behandelt. Für die Vorbereitung sind verantwortlich: Jürgen Altmann (Bochum) und Götz Neuneck (Hamburg) (beide auch FONAS-Mitglieder).


Die Verifikationsverpflichtungen der Bundeswehr - Erfahrungen und technische Aspekte

Klaus-Peter Kohlhas, Oberst (Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, Geilenkirchen)

1990 wurden zwei für die Sicherheit Europas wesentliche Vereinbarungen unterzeichnet: Der "Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa" (KSE I) und das "Wiener Dokument über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen" (WD 90). Beide beinhalten umfangreiche Inspektionsmaßnahmen in anderen Staaten. Zur Erfüllung dieser Vertragsregelungen und mit Blick auf folgende Abkommen ("Vertrag über den Offenen Himmel", "Chemiewaffen-Übereinkommen", "Wiener Dokumente 1992 und 1994") wurde in Geilenkirchen bei Aachen das Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr (ZVBw) eingerichtet. Hier fließen alle von den Unterzeichnerstaaten ausgetauschten militärischen Daten zusammen, hier werden Inspektionen und Manöverbeobachtungen im Ausland geplant, von hier werden die ausländischen Inspektoren auf deutschem Boden begleitet. Verifikation ist nicht nur eine militarische oder technische Angelegenheit, sondern auch eine politische - sie kann erheblich zur Vertrauensbildung beitragen. Der Vortrag gibt eine Einführung in die Aufgaben der Bundeswehr im Rahmen der o.g. Regime und erläutert die Rolle und die Möglichkeiten technischer Verifikationsmittel. Die Überwachungsmission der UN im Irak (UNSCOM) - Erfahrungen und technische Aspekte Heinz Dieter Jopp, Kapitän zur See (Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg) Seit 1991 führen die Vereinten Nationen auf der Grundlage der Sicherheitsratsresolution 687 im Irak Inspektionen durch, um die Massenvernichtungswaffen und die dazugehörigen Trägersysteme zu finden und zu vernichten und um die damit verbundene Einhaltung der Waffenstillstandsresolution zu überwachen. Es wird ein allgemeiner Überblick auf den Ablauf, das Ergebnis und die Erfahrungen der Missionen gegeben. Bei der Detektion und der Vernichtung der nicht unerheblichen Chemiewaffenbestände wurden technische Hilfsmittel verwendet, so z.B. Massenspektrometer zur Spurenanalyse und Verfahren zur zerstörungsfreien Untersuchung der Munition. Ein Schwerpunkt des Vortrages liegt auf den technischen Aspekten der Aufspürung von chemischen Waffen und den dabei im Irak gemachten Erfahrungen.


Das Regime des Offenen Himmels (Open Skies) - Ein deutscher Beitrag zu sicherheits- und vertrauensbildenden Maßnahmen

Karl-Friedrich Weitzel (Daimler-Benz Aerospace Dornier, Friedrichshafen)

Ziel des Vertrages über den 'Offenen Himmel' ist die Verwirklichung der in der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) eingegangenen Verpflichtungen zur Förderung größerer Offenheit und Transparenz bei militärischen Aktivitäten und zur Stärkung der Sicherheit durch vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen. Mit der Einrichtung eines Regimes 'Offener Himmel' werden kooperative Beobachtungsflüge über dem gesamten Hoheitsgebiet der 27 Vertragsstaaten ermöglicht, zu denen neben Deutschland auch Kanada, USA, Frankreich, die Ukraine und nicht zuletzt Rußland gehören. Damit soll die Überwachung der Einhaltung bestehender und künftiger Rüstungskontrollvereinbarungen erleichtert und die Fähigkeit zur Konfliktverhütung gesteigert werden. Vertragserweiterungen, z.B. zur Unterstützung bei der Überwachung der Umwelt, sind bereits vorgesehen. Als deutsches Beobachtungsflugzeug wurde eine russische TU- 154M ausgewählt. Eine bordtaugliche Missionsplanungsanlage steuert die vertragszulässigen Sensoren zur Sicherstellung der erlaubten Auflösung: - drei optische Einzelbild- und zusätzlich eine Panoramakamera; - drei Videokameras; - ein Infrarot-Zeilenabtastgerät; - ein Synthetik-Apertur-Radar.


SAR-Systeme für die sicherheitsrelevante Erdbeobachtung

Helmut Süß (Institut für Hochfrequenztechnik,DLR Oberpfaffenhofen, Weßling)

Nach dem Ende des Kalten Krieges hat die politische Instabilität sowie die Häufigkeit der Konflikte und Krisenherde weltweit zugenommen. Die Konfliktvermeidung im Vorfeld einerseits und die ausreichende Informationsbeschaffung bei den notwendig gewordenen UNO- Einsätzen andererseits erfordern ein geeignetes, raumgestütztes Erdbeobachtungssystem. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit (d.h. weitgehende Unabhängigkeit vom Zustand der Erdatmosphäre und von natürlichen Beleuchtungsquellen) sowie der Entfernungsunabhängigkeit der geometrischen Auflösung wird der Einsatz von Radarsensoren mit synthetischer Apertur (SAR) untersucht. Dieser Vortrag behandelt für ein raumgestütztes SAR-System neben den Missionsanforderungen (z.B. Beobachtungsgebiet, Wiederholzeit ...) und den Szenarien (Beobachtungsobjekte) die wichtigsten Anforderungen an die Sensorik (z.B. SAR-Sonderbetriebsarten ...) sowie alle wesentlichen physikalischen und technologischen Probleme. Anhand von zahlreichen Meßbeispielen werden die Probleme bei der Interpretation der Signaturen, d.h. der elektromagnetischen Streuvorgänge, behandelt.


Änderungsdetektion auf multispektralen Luftbildern - Perspektiven für den Open-Skies-Vertrag

Rafael Wiemker, Hartwig Spitzer (II. Institut für Experimentalphysik/Arbeitsgruppe CENSIS, Universität Hamburg)

Zur Überwachung von Rüstungsbegrenzungsabkommen erlaubt der Open-Skies-Vertrag den bisher 27 Unterzeichnerstaaten gegenseitige Beobachtungsüberflüge mit Photo- und Video- kameras. Da der Vertrag explizit offen für spätere technische Erweiterungen ist, untersuchen wir die Möglichkeiten von bildgebenden Multispektralscannern. Multispektralbilder erlauben im Gegensatz zu Grauwertbildern eine relativ einfache Klassifizierung der abgebildeten Oberflächen anhand ihrer spektralen Signatur, können somit die Datenauswertung beschleunigen und besitzen bei Überlassung an zivile Institutionen erhebliches Anwendungspotential für ökologisches und Katastrophen-Monitoring. Die computergestützte Bild- auswertung benötigt physikalische Modelle von Strahlungstransport und -reflexion. Unsere experimentellen Ergebnisse zur Sensorkalibrierung, zu atmosphärischer Beleuchtung und Transmission sowie zur spektralen Abhängigkeit von der Aufnahmegeometrie dienen der Verbesserung der computergestützten Bildklassifikation und automatisierter Änderungsdetektion.


Verifikation von Abrüstungsverträgen mit Satellitenbildern

Johann K. Bienlein (Fachbereich Physik/Arbeitsgruppe CENSIS, Universität Hamburg)

Das Wettrüsten des Kalten Krieges wurde verlangsamt und schließlich gestoppt durch Verträge zur Rüstungskontrolle und Abrüstung. Die Einhaltung der Verträge wird mit "nationalen technischen Mitteln" verifiziert. Satellitengestützte Bildaufnahmen haben dabei eine zentrale Rolle gespielt für den Vertrag über das Verbot oberirdischer Atomwaffenversuche (1963) und insbesondere für die Verträge zur Begrenzung und zum Abbau von Interkontinentalraketen. Satellitenbilder können auch für Krisenmanagement eingesetzt werden, z.B. für Blauhelmeinsätze, humanitäre Hilfsmaßnahmen, Umweltmonitoring und Beobachtung von Migrationen. Bislang haben die USA und Rußland das Monopol für hochauflösende satellitengestützte Aufnahmen. Pläne für ein europäisches Satellitensystem werden beschrieben. Es wird gefordert, daß die Daten nicht geheim gehalten werden, sondern der zunehmenden Vertrauensbildung dienen.


Erprobung kontaktloser Identifikationssysteme für vertragsrelevantes Gerät im KSE-Vertrag

Ursula Röscher ( Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung FE IV 8, Koblenz)

Im Rahmen der Verifikation des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) soll die vertraglich begrenzte Anzahl Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, Artilleriewaffen, Kampfflugzeuge und Angriffshubschrauber wiederholt erfaßt werden. Markierungen zur Identifikation können diese Bestandsaufnahme sowohl im Rahmen von Inspektionen als auch kontinuierlich am Stationierungsort erleichtern, insbesondere, wenn dies kontaktlos möglich ist. Zur Erleichterung der Inspektionen können beispielsweise sog. tags (responder) verwendet werden. In diesem Zusammenhang hat das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung auf Veranlassung des Bundesministeriums der Verteidigung Systeme unterschiedlicher Leistungsfähigkeit verschiedener Hersteller beschafft. Die Geräte werden zur Zeit bei wehrtechnischen Dienststellen erprobt. Es wird über erste Erfahrungen und Zwischenergebnisse berichtet.


The End of Nuclear Testing

Jeremiah D. Sullivan ( Department of Physics/ Program in Arms Control, Disarmament, and International Security, University of Illinois, Urbana-Champaign IL 61801, USA)

On August 11, 1995, President Clinton announced that the United States had decided to enter into a true zero-yield nuclear test ban. The speaker, a member of a group of experts who carried out a US Department of Energy sponsored study during the summer of 1995 that provided the technical basis for the Administration's new policy, will discuss a variety of issues associated with the pending Comprehensive Nuclear Test Ban. Topics covered will include: the value of testing at low nuclear yields to a country such as the United States that has decided not to develop new types of nuclear weapons; programs the United States is likely to adopt to preserve confidence in the safety and performance of the nuclear weapons it decides to retain; and future activities of the US Department of Energy nuclear weapons complex. Verification and connections to nuclear nonproliferation will be discussed briefly. The speaker will be presenting a personal perspective rather than an official statement of US policy.


Die seismische Überwachung unterirdischer Atomwaffentests

Johannes Schweitzer (Institut für Geophysik, Ruhr-Universität Bochum)

Nach jahrelanger Vorbereitung durch die seismologischen Berater der UN-Abrüstungskonferenz in Genf wird seit dem 1. Januar 1995 ein weltweites Netz seismischer Stationen zur Überwachung eines Teststopvertrages in einem internationalem Experiment getestet. An dem Test nehmen 10 deutsche Stationen teil, darunter auch das GERESS-Array im Bayerischen Wald, betrieben von der Ruhr-Universität Bochum. Dieses Array nimmt als empfindlichste Station Zentraleuropas in dem Überwachungsnetz eine Schlüsselstellung ein. Mit den Daten aller Stationen wird in 48-72 Stunden ein Tagesbulletin aller detektierten seismischen Ereignisse erstellt. Das zur Zeit getestete Netz soll bei Vertragsabschluß direkt in das Überwachungsnetz überführt werden, welches aus 52 weltweit verteilten Schlüsselstationen bestehen wird. Bei Bedarf können zusätzlich die Daten von etwa 100 weiteren Stationen abgerufen werden.


The Impact of Underground Nuclear Explosions at Mururoa Atoll (South Pacific) and Associated Hazards

Pierre M. Vincent ( Centre de Recherches Volcanologiques, Université Blaise Pascal, 63038 Clermont-Ferrand, France)

Mururoa atoll is a narrow emerged coral ring (the "crown") separating a central lagoon from the open sea. It is founded on an extinct volcano which extends to 3000 m below sea level. The slopes of the volcano are very steep. Its constituent rocks are often brecciated and altered to clay minerals. Among the 130 underground tests conducted until now (Nov. 1995), 76 were under the crown. On account of their mutual proximity, many of the explosion chambers must be interconnected by their peripheric fracture systems, resulting in a line of weakness along half of the crown. Another effect of the underground tests is the sinking of the atoll: 15% of its pre-1975 surface is now under sea level. All the conditions now known elsewhere to favour submarine landslides exist at Mururoa. Three small ones have already occurred. A larger landslide, triggered by one of the tests to come, could result in a tsunami ("tidal wave") and possible radioactive contamination of the ocean. It is not excessive to say that this situation - without any equivalent elsewhere - is a high-risk one.


Proliferationsrisiken und Verifikationserfordernisse bei einem klimarelevanten Ausbau der Kernenergienutzung

Dieter von Ehrenstein (Kooperationsstelle Kerntechnik und Energie an der Universität Bremen, Fachbereich Physik, Universität Bremen)

Es wird immer wieder die These vorgetragen, daß der globale Ausbau der Kernenergienutzung einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Kohlendioxidbelastung der Erdatmosphäre leisten würde. Den gravierenden Problemen durch die Erzeugung und weltweite Verbreitung großer Mengen von Spaltmaterial zur Herstellung von Nuklearwaffen wird dabei nicht die erforderliche Aufmerksamkeit zuteil. Zur Verdeutlichung sollen folgende Abschätzungen dienen: Um einen nennenswerten Bruchteil (z.B. ein Viertel) des in einigen Jahrzehnten erwarteten weltweiten Primärenergiebedarfs mit Kernenergie zu decken, ergeben sich jährliche Schätzwerte von etwa 8000 bis 12000 GWath. Damit ergibt sich mit heute mittelfristig absehbar einsatzfähiger Technologie (z.B. etwa 3000 Leichtwasserreaktoren und 1000 Schnellen Brütern) eine weltweite Jahreserzeugung von mindestens einigen hundert Tonnen besonders waffentauglichen Plutoniums aus den Brutmänteln der Schnellen Brüter. Dies würde für die Herstellung von größenordnungsmäßig hunderttausend Nuklear- waffen reichen. Die Überwachung und Kontrolle einer derartigen Plutoniumwirtschaft ist noch nicht hinreichend ausgearbeitet. Es gibt nur wenige Vorschläge zur Verbesserung der Proliferationsresistenz.


Safeguards-Anforderungen bei einem Ausbau der Kernenergie

Roland Reimers (Kooperationsstelle Kerntechnik und Energie an der Universität Bremen, Fachbereich Physik, Universität Bremen)

Spätestens seit der Aufdeckung des geheimen irakischen Kernwaffenprogramms hat sich herausgestellt, daß die Beschränkung auf die reine Materialbilanzierung bei den Safeguards-Inspektionen der IAEA es möglich macht, daß derartige Programme zu lange unentdeckt bleiben. Die IAEA ist infolgedessen dabei, ihre Verifikation auf zusätzliche Informationsquellen auszudehnen. Trotzdem muß auch die Materialbilanzierung verbessert werden, insbesondere bei einem weiteren Ausbau der Kernenergie, weil dann eine größere Menge Plutonium und Uran überprüft werden muß. Die erforderliche Genauigkeit der Materialbilanzierung bei einem Anwachsen der Plutoniummenge auf einige 100 t wird es wahrscheinlich unmöglich machen, den gegenwärtigen Standard einzuhalten, das Abzweigen der signifikanten Menge von 8 kg Plutonium rechtzeitig zu bemerken, insbesondere wenn es nicht in einem Schritt geschieht. Im Rahmen eines spieltheoretischen Modells wird diskutiert, inwiefern dies durch andere Informationsquellen kompensiert werden kann.


Ein internationales Überprüfungssystem für die Nicht-Verbreitung und Abrüstung ballistischer Raketen

Jürgen Scheffran (IANUS, Technische Hochschule Darmstadt)

Um der wachsenden Verbreitung ballistischer Raketen wirksam begegnen zu können, ist das bestehende Kontrollinstrumentarium zu erweitern um international vereinbarte Abrüstungsmaßnahmen, die wirksam überprüft werden können. Im Rahmen der strategischen Rüstungskontrolle verwendete nationale technische Mittel der Verifikation (hochauflösende Sensoren im optischen, infraroten oder Mikrowellenbereich auf Satelliten, Flugzeugen oder am Boden) sind nutzbar, um verschiedene beobachtbare Charakteristika ballistischer Raketen (Zahl, Größe, Typ, Reichweite, Stationierungsmodus, Startvorbereitungen, Flugbahn) zu entdecken und zu identifizieren. Um eine Abgrenzung gegenüber legitimen Weltraumraketen zu ermöglichen, ist ein kooperatives Sicherungssystem erforderlich, das gegenseitige Inspektionen von Startanlagen und Raketenstarts ebenso umfaßt wie andere vertrauensbildende Maßnahmen (Informationsaustausch, Nichtverschlüsselung der Datenübertragung, Transparenz und internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrt). Es wird die Möglichkeit diskutiert, bei Inspektionen Meßverfahren einzusetzen, um den Nutzlasttyp zu klassifizieren, ohne sensitive Informationen preiszugeben. Die Überwachungsmöglichkeiten von Beschränkungen bei neuen Waffenprinzipien Götz Neuneck, Sönke Richardsen (Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg) Rüstungskontrolle beschäftigt sich heute hauptsächlich mit der Erfassung und Zählung von Waffensystemen. Will sie in Zukunft die Verbreitung neuer destabilisierender Waffentechnologien verhindern, muß sie zukünftige Waffenentwicklungen frühzeitig erfassen, bewerten und spezifische Technologien durch neue Abkommen beschränken, was wirkungsvolle Überprüfung einschließt. Vorbeugende Rüstungskontrolle könnte bestimmte Leistungsparameter begrenzen, so z.B. die Leistung von Laserwaffen bzw. Partikelstrahlen oder die kinetische Energie von elektromagnetisch beschleunigten Geschossen - solche Waffen werden im Rahmen neuer Strategieüberlegungen von einigen Staaten entwickelt. In dem Vortrag werden die erwähnten Prinzipien erläutert, und erste Maßnahmen zur Überprüfung solcher Technologien werden vorgestellt. Dazu gehören im Rahmen kooperativer Verifikation Vor-Ort- Inspektionen mit technischer Ausrüstung, Überflüge der oft sichtbaren Infrastruktur, Außen- und Innensensoren, Besuche von Forschungslaboratorien etc.


Verifikation, Politik und die angemessene Verteilung von Inspektionsressourcen

Rudolf Avenhaus*, Morton Canty+ (* Institut für Angewandte Systemforschung und Operations Research (IASFOR), Universität der Bundeswehr München, + Programmgruppe Systemforschung und Technologische Entwicklung (STE), Forschungszentrum Jülich)

Die formalen Verifikationsprozeduren für Rüstungskontroll- und Abrüstungsabkommen, die z.B. durch den Vertrag über die Nicht- Verbreitung von Kernwaffen oder durch das Chemiewaffen- Abkommen festgelegt worden sind, werden als nicht-kooperative Mehrpersonen-Spiele beschrieben. Mit Hilfe von drei Modellen wachsender Komplexität, die verschiedene Problemstellungen sowie ihre Gleichgewichts-Lösungen behandeln, wird gezeigt, daß die effektive Verteilung begrenzter Inspektionsresourcen unauflösbar verbunden ist mit der subjektiven, im wesentlichen politisch motivierten Festlegung von Prioritäten und Motiven der beteiligten Seiten. Eine Folge davon ist, daß ein rein technischer Rahmen für die Implementierung von Verifikationsmaßnahmen für alle Seiten ineffizient und damit unbefriedigend bleiben wird.


Experimente zur akustischen und seismischen Überwachung von Land- und Luftfahrzeug-Bewegungen für die Verifikation

Jürgen Altmann ( Institut für Experimentalphysik III, Ruhr-Universität Bochum)

Automatische Sensorsysteme können die Überprüfung der Einhaltung von Abrüstungs- und Friedensabkommen erheblich wirksamer machen, insbesondere im kontinuierlichen Einsatz. Seit 1989 hat das Bochumer Verifikationsprojekt in 6 internationalen Experimenten akustische und seismische Signale militärischer Land- und Luftfahrzeuge gemessen. Maximale Schalldrücke und Bodengeschwindigkeiten in 3-4 m Abstand sind bei schweren Lkw 0,01 kPa bzw. 0,001 m/s, bei Kettenfahrzeugen 0,08 kPa bzw. 0,02 m/s. Ohne ungewöhnliche Störquellen ergeben sich Nachweisabstände von über 100 m. Die Schallspektren sind durch den Motor dominiert, in den seismischen Spektren von Kettenfahrzeugen überwiegt von der Kette erzeugte Vibration. Fahrzeugtyperkennung gelang sowohl mit statistischen Methoden als auch mit neuronalen Netzwerken. Bei Düsenflugzeugen wurden am Rand der Startbahn maximal 0,7 kPa bzw. 0,003 m/s gemessen. Mit einer Sensorkette längs der Bahn kann der Verlauf der Fahrzeuggeschwindigkeit bestimmt und das Ereignis klassifiziert werden (Start, Landung, Rollen ...). Mehrmikrofonanordnungen erlauben die Ortung der Hauptschallquelle zu jedem Zeitpunkt in drei Dimensionen.


Magnetischer Nachweis von militärischen Fahrzeugen für die Verifikation von Abrüstungs- und Friedenssicherungsabkommen

Wolfgang W. Baus ( Institut für Experimentalphysik III, Ruhr- Universität Bochum)

Innerhalb des Bochumer Verifikationsprojekts wurde untersucht, inwieweit Sensoren für mittlere Distanzen (einige zehn bis einige hundert Meter) sich als neue technische Mittel der kooperativen Verifikation eignen. Im Vortrag werden die Ergebnisse von Feldexperimenten mit magnetischen Messungen an schweren Landfahrzeugen und Flugzeugen vorgestellt. Es zeigt sich, daß auch Fahrzeuge, die eine Leichtmetallhülle besitzen, eine detektierbare (magnetostatische) Störung des Erdmagnetfeldes bewirken. Das magnetische Signal läßt sich in den meisten Fällen mit einem vergleichsweise einfachen Dipolmodell beschreiben. Abweichungen davon können zusätzliche Rückschlüsse ermöglichen, z.B. ob ein Tieflader auch beladen ist. Dabei zeigt sich, daß die Magnetisierung aus einem permanenten und einem zeitlich veränderlichen ('induzierten') Anteil besteht, wobei letzterer charakteristisch für den Fahrzeugtyp zu sein scheint. Die typischen Signalamplituden betragen etwa 1 mT in 6 m Abstand. Daraus resultieren mit konventionellen Sensoren (Nachweisempfindlichkeit einige nT) Detektionsreichweiten von einigen zehn Meter. Größere Reichweiten könnten mit SQUID- Sensoren erzielt werden.


Im Anschluß an die Sitzung wird der Videofilm Wissenschaft für den Frieden - Internationales Verifikationsexperiment auf deutschem Militärflugplatz gezeigt, den das Bochumer Verifikationsprojekt über seine Messungen vom Februar 1995 in Jever-Schortens produziert hat (Dauer 30 Minuten).