Quantencomputer - Rechner der Zukunft?
Ausgabe 29 | Oktober 2016 | „Mit Hilfe von Quantentechnologien erhofft man sich unter anderem die Beschleunigung mancher komplexer Rechnungen, die Entwicklung hoch-empfindlicher Sensoren sowie den Aufbau abhörsicherer Datenverbindungen.“ - Rolf Heuer, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
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- Quanten können gleichzeitig die Werte 0 und 1 annehmen.
- Das beschleunigt manche Kalkulationen enorm – die Primzahlzerlegung beispielsweise oder das Suchen in ungeordneten Listen.
- Die Beschäftigung mit der Quanteninformationsverarbeitung führte bereits zu vielen spannenden Erkenntnissen und neuen Methoden.
Heutige Computer verarbeiten und speichern Information mithilfe klassischer Bausteine: Transistoren lassen Strom entweder durch oder sperren ihn. Sie fungieren als Schalter, die an oder aus sind. Sie repräsentieren damit Bits, die 0 oder 1 sein können. Quantencomputer hingegen kodieren und verarbeiten Information in Quantenzuständen. Das können z. B. Anregungszustände elektrisch geladener Atome (sogenannter Ionen) sein.
Quantencomputer folgen somit vollkommen anderen fundamentalen Gesetzen als die klassische Informationsverarbeitung. Schon 1982 erkannte der bekannte amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman [1] das immense Potential des Rechnens mit Quanten: Denn mit n klassischen Bits (n = 1, 2, 3, … eine beliebige natürliche Zahl) lassen sich im Binärsystem 2n Zahlen darstellen. Will man das Ergebnis einer Rechnung für alle diese Zahlen wissen, muss man die Rechnung 2n -mal ausführen. Das ist oft sehr zeitaufwendig und führt klassische Rechner bei sehr umfangreichen Rechnungen schnell an ihre Grenzen. Quantenzustände lassen sich dagegen überlagern. Dadurch entstehen Zustände, die die Informationen aller 2n Zahlen gleichzeitig kodieren. Die Berechnung lässt sich deswegen in einem Schritt durchführen. Mittlerweile gibt es quantenbasierte Rechenverfahren (sog. Algorithmen), die bestimmte Kalkulationen extrem beschleunigen. Dazu zählen der Shor-Algorithmus [2] (zur Primzahlzerlegung) sowie der GroverAlgorithmus zur Suche in ungeordneten Listen [3].
Ein weiterer Vorteil von Quantencomputern ist, dass sie quantenmechanische Systeme simulieren können [1, 4]. So wurden beispielsweise bereits die Eigenschaften von Wasserstoffmolekülen bestimmt [5]. Ferner gelang es Physikerinnen und Physikern zu demonstrieren, dass der Bau eines sogenannten „Einweg-Quantencomputers“ [6] mit Ionenfallen [7] möglich ist. Hier wird eine Rechnung durch eine Folge von Messungen an einem einzelnen verschränkten Quantenzustand durchgeführt.
Quantensysteme sind jedoch sehr empfindlich [8]. Kleinste Störungen ruinieren sie – und damit die Rechnung. Eine Herausforderung liegt daher darin, die Quantensysteme von ihrer Umgebung zu isolieren. Um das Ergebnis einer Rechnung auszulesen, ist die Isolation jedoch aufzuheben. Darüber hinaus lassen sich nicht alle Werte gleichzeitig perfekt auslesen. Doch langsam rückt die Kontrolle der Quantensysteme in den Bereich des Möglichen. So hat eine kanadische Firma jüngst mit der Behauptung Aufsehen erregt, einen Quantencomputer mit 512 supraleitenden Quantenbits gebaut zu haben [9]. Der Beweis, dass er tatsächlich schneller rechnet als alle klassischen Algorithmen, steht allerdings noch aus [10].
Doch eines ist bereits klar: die Beschäftigung mit der Quanteninformationsverarbeitung hat schon heute zu vielen spannenden physikalischen Erkenntnissen und neuen Methoden geführt.
Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt ihrer Autorin Prof. Dr. Dagmar Bruß von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.