Abb. 2: Der European XFEL (schematisch)

European XFEL – ein Röntgenlaser der Superlative

Ausgabe 31 | Juni 2017 | „Mit dem European XFEL entsteht in Hamburg eine Forschungsanlage der Superlative. Von ihr erwarten wir uns nicht nur wichtige Erkenntnisse in der Physik, sondern ebenso in der Medizin, Biologie, Chemie oder den Werkstoffen.“ - Rolf Heuer, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

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  • Der European XFEL eröffnet neue Einblicke in den Nanokosmos
  • Mit den Röntgenblitzen lassen sich Moleküle und exotische Materiezustände untersuchen sowie chemische Reaktionen „filmen“
  • Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwarten davon neue Erkenntnisse für die Entwicklung von Therapien, erneuerbaren Energien, neuen Materialien oder effi - zienteren und umweltfreundlichen chemischen Verfahren

Der European XFEL (X-ray free-electron laser) in Hamburg eröffnet neue Einblicke in den Nanokosmos. Mit Kosten von 1,22 Milliarden Euro zählt der Röntgenlaser zu den größten Projekten in Europa. Beteiligt sind elf Länder: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Russland, Schweden, die Schweiz, die Slowakei, Spanien und Ungarn. Den Löwenanteil der Kosten trägt Deutschland (58 Prozent). Hauptgesellschafter ist das Deutsche ElektronenSynchrotron DESY, das den Beschleuniger der Anlage betreibt. Russland übernimmt 27 Prozent, die anderen Länder jeweils zwischen ein bis drei Prozent. Für die Aufnahme weiterer Länder ist der European XFEL offen.

Mit den Blitzen des Röntgenlasers lassen sich Details von Viren, Zellen oder Biomolekülen entschlüsseln, die bis zu einem Zehntel Nanometerklein sind, sowie Vorgänge untersuchen, wie sie im Inneren von Exoplaneten ablaufen, oder schnellste chemische Reaktionen wie in einem Film abbilden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwarten davon Impulse für die Entwicklung von Therapien, erneuerbaren Energien, neuen Materialien oder effizienteren und umweltfreundlichen chemischen Verfahren.

Der Röntgenlaser knüpft an die Erfolge der Synchrotron-Strahlungsquellen an, arbeitet jedoch mit Laser-Blitzen, die milliardenfach heller sind. Sie werden von Elektronenpaketen erzeugt, die in einem unterirdischen Tunnel auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Im weiteren Verlauf passieren sie zahlreiche abwechselnd gepolte Magnete, die sie auf einen engen Slalomkurs zwingen. Dabei geben sie Röntgenlicht ab, das sich lawinenartig verstärkt - man spricht von Self-Amplified Spontaneous Emission oder dem SASE Prinzip (Abb. 1). Bei Tunnelkilometer 3,4 erreicht das Licht eine unterirdische Halle mit sechs Experimentierstationen (Abb. 2).

Die hohe Intensität des Röntgenlichts ermöglicht es, überaus kleine Biomolekül Kristalle oder später einmal vielleicht sogar einzelne Moleküle zu untersuchen (Abb. 3). Die Blitze sind so kurz, dass sich damit überaus schnelle Prozesse von wenigen Femtosekunden² Dauer aufnehmen lassen. Solche Prozesse spielen bei der Faltung von Proteinen eine Rolle, beispielsweise bei der Creutzfeld-Jakob-Krankheit oder Alzheimer. In einer Sekunde kann der European XFEL 27.000 Blitze erzeugen – viel mehr als jeder andere Röntgenlaser weltweit. Das verringert die Aufnahmezeit und die benötigte Probenmenge. Das Interesse am Röntgenlaser ist entsprechend groß. Die Messzeit ist kostenlos, vorausgesetzt die Ergebnisse werden veröffentlicht und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.


Fußnoten

  1. Ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters
  2. Eine Femtosekunde ist der millionste Teil einer milliardstel Sekunde. In wenigen Femtosekunden legt selbst Licht nur ein Hundertstel des Durchmessers eines Haars zurück.

 

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt Robert Feidenhans’l, Vorsitzender der Geschäftsführung der European XFEL GmbH, für die wissenschaftliche Beratung