23.06.2000

Pressemitteilung

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Wissenschaft im Kaufhaus

Forschung zum "Anfassen" in Geschäften der Bonner Innenstadt

Der "Wissenschaftssommer Bonn 2000" startet mit einer außergewöhnlichen Aktion: Bonner Forscher verlassen ihren "Elfenbeinturm" und präsentieren vom 28. bis 30. Juni in der Sparkasse sowie in Geschäften der Bonner Innenstadt wissenschaftliche Exponate. Ob Ausflug in die Welt der Atome, Feinmechanik des Kniegelenks oder Bilderreise durch das Universum - an insgesamt sechs Standorten erwartet die Besucher ein Blick hinter die Kulissen der aktuellen Forschung. Alle Ausstellungsstücke werden vor Ort - sozusagen zwischen Wühltisch und Kassentheke - von Wissenschaftlern betreut, die als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Der "Lotus-Effekt" bei Bouvier: Aufgrund der besonderen mikroskopischen Blattstruktur finden Schmutzpartikel keinen Halt an den Blättern der Lotus-Pflanze, Staub und Ruß lassen sich mit Wasser einfach abspülen. Neugierige können sich in der Buchhandlung Bouvier, Am Hof 28, persönlich davon überzeugen. Botaniker der Universität Bonn entschlüsselten dieses natürliche Phänomen, das mittlerweile bei neuartigen Fassadenfarben zur Anwendung kommt. Der Lotus-Effekt wird auch auf der EXPO 2000 in Hannover vorgestellt.

"Wandern in den Silberbergen" bei Karstadt: Unter dem so genannten Raster-Tunnel-Mikroskop verwandeln sich scheinbar spiegelglatte Metalloberflächen in bizarre Hügellandschaften. Dieses besondere Mikroskop erlaubt Einblicke mit geradezu fantastischer Präzision in Vorgänge und Strukturen auf Werkstoffoberflächen: Selbst einzelne Atome können sichtbar gemacht werden. Als Reiseführer durch den Nanokosmos stehen bei Karstadt, Poststraße 23, Wissenschaftler des Instituts für Physikalische Chemie der Universität Bonn bereit.

"Flug durch die Milchstraße" bei SinnLeffers: Weit über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus erkunden Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie das Weltall. Mit Hilfe riesiger Antennenschüsseln - so genannten Radioteleskopen - durchdringen sie lichtundurchlässige Materiewolken und stoßen bis zu den Orten der Sternentstehung vor. Ausgangspunkt für eine Reise in den Kreißsaal der Sterne ist SinnLeffers, Remigiusstraße 13.

"Pflanzen rufen um Hilfe" in der Sparkasse Bonn: Nein, sie rufen nicht wirklich. Aber Pflanzen sind keineswegs so passiv, wie sie scheinen. Sie reagieren auf besondere Belastungen wie extreme Temperaturen, Trockenheit, starke UV-Bestrahlung oder Schädlinge. "Gestresste" Pflanzen können charakteristische Spurengase absondern. Diese Stoffe spüren Forscher des Instituts für Angewandte Physik der Universität Bonn mit Hilfe der so genannten photoakustischen Spektroskopie auf. So studieren sie Innenleben und "Gemütszustand" der Pflanzen. Wie dies im Einzelnen funktioniert, wird in der Sparkasse Bonn, Friedensplatz 1, demonstriert.

"Medicine meets Virtual Reality - computerunterstützte Chirurgie im neuen Jahrtausend" in der Sportarena: Die Arbeitsgruppe "Chirurgiesimulation und -navigation" des Forschungszentrums caesar modelliert "virtuelle Körper" auf dem Computer, um die Funktionsweise von Organen unter die Lupe zu nehmen und medizinische Eingriffe zu planen. Zu den komplexesten Bestandteilen des menschlichen Körpers gehört das Kniegelenk: Eine kompakte Apparatur aus Knorpeln, Knochen und Bändern, die im Alltag ständigen Belastungen standhalten muss. Computersimulationen in der Sportarena, Remigiusstraße 6-8, legen den Blick ins Knie frei und zeigen, wie die einzelnen Komponenten dieses Gelenks zusammenwirken.

"Fotos mit der Bonner Sternenkamera" im T-Punkt: Astronomen verwenden besondere Messgeräte zur Aufzeichnung des Sternenlichts, das von einem Teleskop eingefangen wird. Fotoplatten haben ausgedient - heute werden so genannte CCD-Detektoren eingesetzt, die das fahle Sternenlicht in elektronische Signale umwandeln. So können Bilder unmittelbar im Computer bearbeitet oder von Satelliten zur Erde gesendet werden. Ein Weltraum-Teleskop wie "Hubble" wäre ohne CCD-Sensoren undenkbar. Im T-Punkt, Friedensplatz 4, präsentiert die Sternwarte der Universität Bonn ein CCD-Detektorsystem mit mehreren Millionen Bildpunkten. Wer schon immer einmal vor einer Sternenkamera posieren wollte, hat hier Gelegenheit dazu. Die Aufnahmen lassen sich ausdrucken und für das Familienalbum mit nach Hause nehmen.

Diese Kaufhausaktion gehört zum Begleitprogramm von "Gebändigtes Licht", einer Ausstellung zur Atom-, Molekül-, Plasmaphysik und Quantenoptik auf dem Bonner Münsterplatz. "Gebändigtes Licht" ist die dritte der insgesamt fünf zentralen Veranstaltungen zum "Jahr der Physik", die die Deutsche Physikalische Gesellschaft gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Initiative "Wissenschaft im Dialog" ausrichtet. Mit "Gebändigtes Licht" beginnt der "Wissenschaftssommer Bonn 2000".

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit über 62.000 Mitgliedern auch größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de