Jahresbericht 1984

Berichtszeitraum: 1. April 1984 bis 31. März 1985

Präsident

Der Berichtszeitraum von der 48. Physikertagung 1984 in Münster bis zur 49. Physikertagung 1985 in München ist von einer stürmischen Entwicklung der Mitgliederzahlen und von einer deutlichen Verstärkung der internationalen, insbesondere europäischer Aktivitäten der DPG geprägt.

Die Mitgliederzahl stieg von 8423 am 15. Mai 1984 auf 9286 am 15. Mai 1985 bei gleichzeitiger deutlicher Verringerung des Durchschnittsalters der Mitglieder. Eine Werbungsaktion an allen deutschen Universitäten trug zu diesem erfreulichen Ergebnis wesentlich bei. Es ist sehr zu hoffen, daß als längerfristiges Ergebnis dieser auf die Hochschulen konzentrierten Aktion eine stärkere Repräsentanz der Industriephysiker in der DPG resultiert. Gegenwärtig stehen etwa 5000 Physiker aus Hochschulen und Forschungsinstituten und etwa 1300 Studenten nur etwa 1400 in der Industrie tätige Physiker gegenüber. Dieses verzerrte Verhältnis dadurch zu verbessern, daß die DPG auch für Industriephysiker attraktiver wird, ist das Ziel einiger Maßnahmen der DPG (siehe auch den Bericht des Vizepräsidenten). Hier sei nur erwähnt, daß die DPG-Sommerschulen sich wachsender Beliebtheit erfreuen. "Kernspinresonanz" war das Thema 1984 - mit der bisher höchsten Beteiligung von Industriephysikern. "Physik in der Mikroelektronik" ist das Thema in diesem Jahr. Auch das Seminar "Forschungsmanagement in der Physik" wurde wieder sehr erfolgreich durchgeführt; das "Laborbesichtigungsprogramm" wurde wegen der großen Nachfrage von Interessenten ausgeweitet.

Zum Problem des wissenschaftlichen Nachwuchses ist Ausführliches in der auch in diesem Heft abgedruckten Ansprache des Präsidenten während der Festsitzung der 49. Physikertagung gesagt. Es wird Vorstand und Vorstandsrat auch weiter beschäftigen müssen.

Das Physikzentrum Bad Honnef, dessen Träger bisher ein eigens zu diesem Zwecke gegründeter Verein ist, nämlich die Gesellschaft für physikalische Forschung und naturwissenschaftlichtechnische Weiterbildung e. V., soll in die Trägerschaft der DPG übernommen werden. Maßgebend dafür sind inhaltliche und steuerrechtliche Gründe. In sehr vertrauensvollen Verhandlungen mit dem Lande Nordrhein-Westfalen (NW) und der Universität Bonn ist ein Vertrag entstanden, der nach Zustimmung durch den Vorstandsrat unterzeichnet werden kann. Wesentlich ist, daß der DPG durch diese Trägerschaft keine zusätzlichen Kosten entstehen, da das Land Nordrhein-Westfalen das DPG-Zentrum weiter fördern will wie bisher. Mit gewissem Stolz darf angemerkt werden, daß das erkennbare wissenschaftliche Ansehen, welches sich das Honnefer Zentrum mit seinen Veranstaltungen erworben hat, diesen Förderungswillen des Landes NW sehr gestützt hat.

Ein in mancher Hinsicht besonderes Ereignis im Rahmen dieser Veranstaltungen war wieder der Tag der DPG im November 1984. Vorstand, Vorstandsrat und die Preiskomitees der DPG, der Beratende Ausschuß der Industriephysiker in der DPG sowie Vorstand, Kuratorium und Mitglieder des schon erwähnten Trägervereins des Physikzentrums trafen sich vom 15. bis zum 17. November in Bad Honnef. Neben den offiziellen Sitzungen gab es viel Gelegenheit zu nützlichen Gesprächen und unter dem Thema "Auf dem Wege zur Informationsgesellschaft?" eine außerordentlich interessante Diskussionsveranstaltung. Die Einführungsreferate von P. Mittelstaedt, Köln, über "Information und Naturwissenschaft", von Frau E. Noelle-Neumann, Allensbach, über "Information und Politik" und von K. Ezawa, Tübingen, zum Thema "Japans Weg in die Informationsgesellschaft" sind im Aprilheft der Physikalischen Blätter abgedruckt. Die wesentlichen Beschlüsse des Vorstandsrates sind in den Physikalischen Blättern 41 (1985), Heft 1, S. 27 nachzulesen.

Von besonderer Tragweite sind die Beschlüsse und Aktivitäten, die in Richtung einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit gehen. Der Arbeitskreis Festkörperphysik hat seine Frühjahrstagung im März 1985 zugunsten der 5. General Conference of the Condensed Matter Division of the European Physical Society ausfallen lassen. Gleichzeitig hatte er gemeinsam mit den Berliner Physikern die Organisation dieser Konferenz an der Technischen Universität Berlin übernommen. Mit über 1000 wissenschaftlichen Beiträgen und weit über 1500 Teilnehmern sprengte diese Tagung den von ihren vier Vorgängertagungen gesetzten Rahmen bei weitem.

Dies ist aber nicht nur die Folge der ausgefallenen Frühjahrstagung des Arbeitskreises, sondern - wie die Teilnehmerstatistik belegt - Folge des großen Interesses vor allem der kleineren europäischen Länder an diesem europäischen "March-meeting". Ähnliches gilt für die 2. Europäische Konferenz über Atom- und Molekülphysik, deretwegen der Fachausschuß Atomphysik auf seine diesjährige Frühjahrstagung verzichtet hat.

Vom Beitritt der DPG als "Associate Partner" in das neugegründete "Europhysics Letter Journal" ist in der Ansprache des Präsidenten ebenso berichtet wie vom neugestifteten deutschfranzösischen Physikpreis und von der in Karlsruhe und Straßburg geplanten "Topical Conference on the Quark-Structure of Matter". Um das Bild europäischer Aktivitäten abzurunden, muß noch berichtet werden, daß der Fachausschuß Polymerphysik der DPG der neugegründeten "European Polymer Federation" beigetreten ist, und daß die DPG die Schirmherrschaft für die 3rd European Conference on Integrated Optics übernommen hatte, die im Mai 1985 in Berlin stattfand. Das gleiche gilt auch für drei weitere internationale Konferenzen: im Jahre 1985 die Internationale Konferenz über Physics Education der IUP AP in Duisburg, die Internationale Konferenz über Ion and Plasma Assisted Techniques in Kaiserslautern und die Internationale Konferenz über Ion Beam Analysis in Berlin. In allen Fällen wird die Organisationsarbeit von deutschen Kollegen geleistet, denen ich an dieser Stelle herzlich für ihren Einsatz danken möchte.

Mein Dank gilt abschließend allen Kollegen, die mich bei der Arbeit für unsere Gesellschaft unterstützt haben, allen voran der Hauptgeschäftsstelle in Bad Honnef für ihren unermüdlichen Einsatz. Den persönlichen Dank für unseren scheidenden Hauptgeschäftsführer, Herrn Dr. Wolfgang Heinicke, habe ich an anderer Stelle in Worte zu fassen versucht. Seine Verdienste entziehen sich trockener Berichterstattung. Seinem Nachfolger im Amt, Herrn Dr. Rainer Poerschke vom Hahn-Meitner-Institut in Berlin, wünschen wir viel Erfolg und Freude bei seiner neuen umfangreichen Tätigkeit. Am Ende der ersten dreijährigen Amtsperiode des nach der neuen Satzung gebildeten Vorstandsrates ist es mir ein besonderes Bedürfnis, allen seinen Mitgliedern für die vertrauensvolle und konstruktive Mitarbeit zu danken.

Prof. Dr. J. Treusch
Präsident

 

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