Jetzt nachhaltige Finanzierung der Hochschulen sichern!

Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, der Gesellschaft Deutscher Chemiker und des Verbandes Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland

Zusammenfassung

Verlässliche Bedingungen für Forschung und Bildung sind für die Zukunftsfähigkeit einer modernen  Wissensgesellschaft und eines Hochtechnologiestandorts wie Deutschland von vitaler Bedeutung. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Lage an den Hochschulen. Die unterzeichnenden Fachgesellschaften weisen mit dieser Stellungnahme darauf hin, dass dringend Entscheidungen zur Stärkung der Hochschulen erforderlich sind. Sie tun dies vor allem mit Blick auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, den sie selbst vertreten.

Die Hochschulen erfüllen eine spezifische, nicht substituierbare Funktion innerhalb des Wissenschaftssystems. Sie tragen wesentlich zur Zukunftsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland bei und leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Pflege und Entwicklung der kulturellen Grundlagen unseres   Gesellschaftsmodells.

Vor diesem Hintergrund gibt die Tatsache, dass die Hochschulen bereits seit langem und zunehmend verschärft unter Mittelknappheit leiden, Anlass zur Sorge. Eine bedarfsgerechte und nachhaltige Finanzierung der  Hochschulen ist aber unerlässlich, um die wissenschaftliche Forschung und die akademische Ausbildung in Deutschland auf dem bisherigen hohen Niveau zu halten. Die unterzeichnenden Fachgesellschaften unterstreichen deshalb:

  1. Die deutschen Hochschulen sind dramatisch unterfinanziert. Sie benötigen dringend zusätzliche Finanzmittel, um ihren immer umfangreicheren Aufgaben nachzukommen. In besonderer Weise gilt dies mit Blick auf das Auslaufen des Hochschulpakts II (2015), der Exzellenzinitiative (2017) und des Qualitätspakts Lehre (2020).
    Die Hochschulen sind für das Wissenschaftssystem, aber auch für das Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell in Deutschland unersetzlich. Eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen muss (wieder) verlässlich gewährleistet werden.
  2. Die Finanzierung der Hochschulen muss auch strukturell nachhaltig garantiert werden. Insbesondere muss auf ein angemessenes Verhältnis von Grund- und Drittmitteln geachtet werden.
    Es kann nicht hingenommen werden, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen dadurch blockiert wird, dass die Länder hierfür nicht genügend Geld geben können und der Bund hierfür kein Geld geben darf. Dieser gordische Knoten muss durchschlagen und eine auskömmliche Grundfinanzierung der Hochschulen sichergestellt werden.
  3. Die Hochschulen müssen auch in Zukunft in der Lage sein, ihre Rolle als tragende Säule innerhalb des deutschen Wissenschaftssystems adäquat auszufüllen.
    Hochschulen und die außeruniversitäre Forschungseinrichtungen dürfen nicht gegen-, sondern nur miteinander weiterentwickelt werden. Dabei ist die spezifische Rolle der Hochschulen anzuerkennen und für faire Kooperations- und Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.
  4. „MINT schafft Zukunft!“
    Für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sind Investitionen in Forschung und Bildung von entscheidender Bedeutung. Dies gilt in besonderem Maße mit Blick auf die MINT-Fächer.

Ausführungen

  1. Die deutschen Hochschulen sind dramatisch unterfinanziert. Sie benötigen dringend zusätzliche Finanzmittel, um ihren immer umfangreicheren Aufgaben nachzukommen. In besonderer Weise gilt dies mit Blick auf das Auslaufen des Hochschulpakts II (2015), der Exzellenzinitiative (2017) und des Qualitätspakts Lehre (2020).

    Die öffentlichen Hochschulen sind für die Bildung des akademischen Nachwuchses verantwortlich und leisten einen unersetzlichen Beitrag für die Forschung. Forschung und Lehre sind in den Hochschulen symbiotisch aufeinander bezogen. Eine akademische Ausbildung, die zu innovativem Denken befähigen soll, muss den Nachwuchs an aktueller wissenschaftlicher Forschung teilhaben lassen. Umgekehrt ist innovative Forschung auf neue Perspektiven und kreative Köpfe angewiesen.

    Die Erwartungen an die Hochschulen sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen: Die Zahl der Studierenden hat nach Daten des statistischen Bundesamtes von 2001 bis 2012 um mehr als 30% (von 1,9 Mio. auf 2,5 Mio.1) zugenommen. Allein in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern war in den letzten beiden Jahren ein Anstieg von 20% zu verzeichnen. Ein signifikanter Rückgang der Zahl der Studieninteressierten ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten und stellt die Hochschulen mindestens mittelfristig vor entsprechende Herausforderungen. Die Studienanfängerinnen und -anfänger sind zudem heute eine heterogenere Gruppe als früher. Dies stellt die Hochschulen vor zusätzliche Herausforderungen, genauso wie die Zunahme von Studierenden mit geringen Deutschkenntnissen.

    Dazu kommen weitere Aufgaben: Fast alle Studiengänge wurden im Zuge der Bologna-Reform mit erheblichem Aufwand umstrukturiert. Die neuen Studiengänge müssen regelmäßig evaluiert und akkreditiert werden und erfordern einen hohen Verwaltungsaufwand, weil sie in der Regel zahlreiche Leistungskontrollen vorsehen. Vielerorts wurden Hochschulverwaltungen umstrukturiert. Neue Managementstrukturen sowie neue Methoden der Kostenrechnung wurden eingeführt. Erwartet wird außerdem, dass sich Hochschulen neue „Geschäftsfelder“ erschließen, sei es durch bessere Vermarktung von Patenten, durch engere Kooperationen mit Wirtschaft und Industrie, durch Ausgründungen oder durch alternative Lehrangebote, etwa zur Weiterbildung. All diese Maßnahmen binden Kräfte, ebenso wie der zunehmend schärfer gewordene Wettbewerb um Drittmittel.

    Vor diesem Hintergrund ist es nicht akzeptabel, dass Hochschulen immer stärker unter Finanzknappheit leiden. Die dramatischen Folgen der jahrelangen Unterfinanzierung werden derzeit zum Teil noch durch die Exzellenzinitiative und die Pakte verdeckt. So hilfreich diese Initiativen waren und sind, stellen sie doch keinen Ersatz für fehlende Grundfinanzierung dar. Die starke Zunahme neuer Initiativen und Projekte führt im Gegenteil zu gesteigerten Infrastrukturkosten. Außerdem laufen die genannten Maßnahmen in absehbarer Zeit aus, ohne dass klar wäre, wie die dadurch entstehenden zusätzlichen Finanzierungslücken geschlossen werden können. Die Hochschulfinanzierung hält mit den gewachsenen Aufgaben der Hochschulen schon seit Jahren nicht Schritt. Hierunter leidet die Qualität derLehre und der Forschung. Dies ist umso gravierender, als der weltweite Wettbewerb in der Forschung und um die besten Studierenden spürbar anzieht. Die deutschen Hochschulen genießen in vielen Wissenschaftsdisziplinen, gerade im mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Bereich, auch international (noch) einen hervorragenden Ruf. Um diesen zu erhalten, ist aber eine deutlich bessere, den gewachsenen Herausforderungen angemessene Ausstattung notwendig.

    Die Hochschulen sind für das Wissenschaftssystem, aber auch für das Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell in Deutschland unersetzlich. Eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen muss (wieder) verlässlich gewährleistet werden.

    1 https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/12/PD12_423_213pdf.pdf?__blob=publicationFile
  2. Die Finanzierung der Hochschulen muss auch strukturell nachhaltig garantiert werden. Insbesondere muss auf ein angemessenes Verhältnis von Grund- und Drittmitteln geachtet werden.

    Die Struktur der Hochschulfinanzierung hat sich in den letzten Jahren erheblich verschoben. Die Drittmittelquote, also das Verhältnis von eingeworbenen Drittmitteln für Projekte und Grundmitteln, die für Daueraufgaben in Forschung und Lehre zur Verfügung stehen, ist laut DFG-Förderatlas von 16% im Jahr 1998 auf 26% im Jahr 2009 gestiegen2, wobei bei einzelnen Hochschulen noch wesentlich höhere Werte erreicht werden. Zunächst stellt dies ein erhebliches Problem für die Planungssicherheit der Hochschulen, insbesondere für die Personalverwaltung, dar. Dass sich daraus auch für die Lebens- und Karriereplanung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ernste Konsequenzen ergeben, sei hier nur am Rande angemerkt. Drittmittel sind außerdem, wenn man von den Mitteln des Hochschulpaktes absieht, in der Regel an Forschungsprojekte gebunden. Die Infrastruktur der Hochschulen und die Lehre konnten deshalb kaum von der in den letzten Jahren erfolgten Steigerung der Drittmittel profitieren, sondern waren voll von der Stagnation – manche Hochschulen gar von einem nominellen Rückgang – der Grundmittel betroffen.

    Da die Hochschulen angesichts deutlich gestiegener Studierendenzahlen zudem einen immer größer werdenden Anteil ihrer Grundmittel für die Aufrechterhaltung der Lehre verwenden müssen, schlägt die Stagnation (inflationsbereinigt: der Rückgang) der Grundmittel meist direkt auf den Forschungsetat der Hochschulen durch. Wenn man nur den Forschungsetat betrachtet, entfielen auf einen Euro Drittmittel im Jahr 1995 knapp zwei Euro Grundmittel, im Jahr 2008 nur noch 85 Cent, wie der Wissenschaftsrat ermittelt hat3. Forschungsvorhaben, die sich weniger gut in drittmittelgeförderte Projektformate einpassen lassen, leiden daher besonders unter der strukturellen Verschiebung der Finanzierung. Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine ausschließlich an Projektzeiträumen ausgerichtete Forschung problematisch. Besonders deutlich wird dies mit Blick auf wissenschaftliche Infrastruktur, deren Aufbau teils in Drittmittelprojekten gefördert wird, für deren Betrieb und Nutzung dann aber unter Umständen keine weitere Förderung verfügbar ist.

    Kompetitive Elemente bei der öffentlichen Hochschulfinanzierung sind als konstruktiver Wettbewerbsanreiz zu begrüßen. Problematisch wird die Lage jedoch, wenn das Verhältnis von Grund- zu Drittmitteln soweit aus der Balance gerät, dass die akademische Lehredarunter leidet oder die Hochschulen kaum mehr aus eigener Kraft Forschungsschwerpunkte entwickeln können. Verschärft wird die Situation dadurch, dass jedes Drittmittelprojekt indirekte Zusatz- und Folgekosten zu Lasten der Grundmittel nach sich zieht, die auch durch den von einigen Drittmittelgebern mittlerweile gewährten „Overhead“ nicht gedeckt werden. Auf diese Weise nehmen selbst Drittmittelgeber, die keine thematischen Vorgaben machen, erheblichen Einfluss auf die Schwerpunktsetzung der Hochschulen und auf die Verwendung der Grundmittel. Solche Impulse von außen können durchaus förderlich sein, ab einem gewissen Punkt muss dadurch aber die Autonomie der Hochschulen als betroffen angesehen werden.

    Der wichtigste Grund für die angesprochene Fehlentwicklung liegt darin, dass die Länder auch nach der Föderalismusreform zwar die Verantwortung, nicht aber die finanziellen Möglichkeiten haben, eine angemessene Grundfinanzierung der Hochschulen bereit zu stellen, während der Bund nicht das Recht hat, Hochschulen zu finanzieren. Diese Blockade muss zügig aufgelöst werden.

    Es kann nicht hingenommen werden, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen dadurch blockiert wird, dass die Länder hierfür nicht genügend Geld geben können und der Bund hierfür kein Geld geben darf. Dieser gordische Knoten muss durchschlagen und eine auskömmliche Grundfinanzierung der Hochschulen sichergestellt werden.

    2 DFG Förderatlas 2012, S. 29; Der Vorsitzende des WR berichtete im Juli 2011 dagegen von 11% für 1995 und fast 20% für 2008.
    (http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/VS_Bericht_Juli_2011.pdf)

    3. http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/VS_Bericht_Juli_2011.pdf S. 2
  3. Die Hochschulen müssen auch in Zukunft in der Lage sein, ihre spezifische Rolle als tragende Säule innerhalb des deutschen Wissenschaftssystems adäquat auszufüllen.

    Für die deutsche Wissenschaftslandschaft ist charakteristisch, dass sie neben den Hochschulen von außeruniversitären Organisationen und deren Forschungseinrichtungen geprägt wird. Diese Vielfalt stellt eine Stärke des Wissenschaftsstandorts Deutschland dar. Die spezifischen Profile der einzelnen Wissenschaftsorganisationen ergänzen sich an vielen Stellen. Oft ist ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Einrichtungen förderlich. Schädlich ist jedoch, wenn die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs verzerrt werden. In letzter Zeit scheinen sich die Gewichte innerhalb des deutschen Wissenschaftssystems zuungunsten der Hochschulen zu verschieben. Die Funktion der Hochschulen in Forschung und Lehre ist jedoch durch andere Einrichtungen nicht substituierbar.

    Neben der von ihnen geleisteten hervorragenden wissenschaftlichen Forschungsarbeit haben die Hochschulen ein Alleinstellungsmerkmal bei der Bildung des wissenschaftlichen, und allgemein: des akademischen, Nachwuchses. Weiter sind sie die zentrale Stätte für die Pflege der wissenschaftlichen Kultur und der einzelnen Fachkulturen. Anders als spezialisierte Forschungsinstitute vertreten sie ein Fach in ganzer Breite. Sie geben die Errungenschaften des gesamten Faches an die nächste Generation weiter. Hierzu gehören neben den fachlichen Inhalten auch die jeweiligen wissenschaftlichen Standards und die Kriterien dieser Standards. Auch die oft impliziten wissenschaftstheoretischen und -ethischen Grundlagen eines Faches werden an Hochschulen tradiert und weiterentwickelt. Durch die Vielfalt der in ihnen vorhandenen Fächer sind sie zudem in besonderem Maße prädestiniert, disziplinübergreifende Diskussion und Kooperation zu fördern und entsprechende neue Forschungsansätze zu entwickeln. Ebenso wichtig wie die Verbindung von Forschung und Lehre, die die Identität der Hochschulen ausmacht, sind ihre Autonomie und die Freiheit der Dozenten, weitgehend ohne thematische Vorgaben Schwerpunkte in Forschung und Lehre zu setzen. Die Hochschulen pflegen so in spezifischer Profilierung das Ideal der freien Wissenschaft und der Unabhängigkeit der Forschung. All dies macht starke Hochschulen unverzichtbar für die deutsche Wissenschaftslandschaft.

    Hochschulen und die außeruniversitäre Forschungseinrichtungen dürfen nicht gegen-, sondern nur miteinander weiterentwickelt werden. Dabei ist die spezifische Rolle der Hochschulen anzuerkennen und für faire Kooperations- und Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.
  4. „MINT schafft Zukunft!“

    Die akademische Ausbildung von MINT-Arbeitskräften und die Forschung und Entwicklung in den MINT-Fächern sind von vitaler Bedeutung für die Zukunft unserer Gesellschaft. Der Bedarf an neu in den Arbeitsmarkt eintretenden MINT-Akademikern wird im MINT-Herbstreport des Instituts der deutschen Wirtschaft4 auf derzeit rund 105.000 jährlich geschätzt und dürfte bis 2021 sogar auf über 120.000 pro Jahr steigen. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass das erfolgreiche deutsche Wirtschaftsmodell in erheblicher Weise auf Kompetenzen im MINT-Bereich beruht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur erfreulich, sondern unerlässlich, dass die Zahl der Personen, die ein MINT-Studium aufnehmen, seit 2007 wieder ansteigt – weitgehend parallel zu dem allgemeinen Anstieg der Studienanfänger5.

    Dennoch wird auch die derzeitige Zahl von MINT-Studierenden nicht ausreichen, den Bedarf des Arbeitsmarktes zu decken. Der Stifterverband der deutschen Wissenschaft geht davon aus, dass derzeit pro Jahr 20.000 MINT-Akademiker zu wenig ausgebildet werden und sich die daraus resultierende Fachkräftelücke bis 2020 auf 200.000 Arbeitskräfte summiert haben wird.6 Der bereits bis heute durch die „MINT-Fachkräftelücke“ bedingte Gewinnausfall deutscher Unternehmen wird mit mehreren Dutzend Milliarden Euro beziffert.

    Aber nicht nur Arbeitskräfte und Absolventen sind für die Zukunft unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells unverzichtbar. Vielmehr beruhen Lebensqualität, Wohlstand und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch direkt auf Forschung und Entwicklung. Der wirtschaftliche Erfolg eines Landes korreliert klar mit den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, und öffentlich finanzierte akademische Forschung hat einen positiven Einfluss auf die Innovationsaktivitäten von Unternehmen.7 Aber auch jenseits der rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise liegt es auf der Hand, dass es für die Bewältigung sogenannter „grand challenges“ beziehungsweise „globaler Herausforderungen“ enormer Forschungs- und Umsetzungsanstrengungen gerade in den MINT-Fächern bedarf.

    Für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sind Investitionen in Forschung und Bildung von entscheidender Bedeutung. Dies gilt in besonderem Maße mit Blick auf die MINT-Fächer.
    4 MINTDie akademische Ausbildung von MINT-Arbeitskräften und die Forschung und Entwicklung in den MINT-Fächern sind von vitaler Bedeutung für die Zukunft unserer Gesellschaft. Der Bedarf an neu in den Arbeitsmarkt eintretenden MINT-Akademikern wird im MINT-Herbstreport des Instituts der deutschen Wirtschaft4 auf derzeit rund 105.000 jährlich geschätzt und dürfte bis 2021 sogar auf über 120.000 pro Jahr steigen. Dies spiegelt die Tatsache wider, dass das erfolgreiche deutsche Wirtschaftsmodell in erheblicher Weise auf Kompetenzen im MINT-Bereich beruht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur erfreulich, sondern unerlässlich, dass die Zahl der Personen, die ein MINT-Studium aufnehmen, seit 2007 wieder ansteigt – weitgehend parallel zu dem allgemeinen Anstieg der Studienanfänger5.

    Dennoch wird auch die derzeitige Zahl von MINT-Studierenden nicht ausreichen, den Bedarf des Arbeitsmarktes zu decken. Der Stifterverband der deutschen Wissenschaft geht davon aus, dass derzeit pro Jahr 20.000 MINT-Akademiker zu wenig ausgebildet werden und sich die daraus resultierende Fachkräftelücke bis 2020 auf 200.000 Arbeitskräfte summiert haben wird.6 Der bereits bis heute durch die „MINT-Fachkräftelücke“ bedingte Gewinnausfall deutscher Unternehmen wird mit mehreren Dutzend Milliarden Euro beziffert.

    Aber nicht nur Arbeitskräfte und Absolventen sind für die Zukunft unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells unverzichtbar. Vielmehr beruhen Lebensqualität, Wohlstand und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch direkt auf Forschung und Entwicklung. Der wirtschaftliche Erfolg eines Landes korreliert klar mit den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, und öffentlich finanzierte akademische Forschung hat einen positiven Einfluss auf die Innovationsaktivitäten von Unternehmen.7 Aber auch jenseits der rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise liegt es auf der Hand, dass es für die Bewältigung sogenannter „grand challenges“ beziehungsweise „globaler Herausforderungen“ enormer Forschungs- und Umsetzungsanstrengungen gerade in den MINT-Fächern bedarf.

    Für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sind Investitionen in Forschung und Bildung von entscheidender Bedeutung. Dies gilt in besonderem Maße mit Blick auf die MINT-Fächer.

    4 MINT-Herbstreport 2012, S. 5; http://www.mintzukunftschaffen.de/uploads/media/FINAL_MINT-Herbstreport_2012.pdf
    5 Was den relativen Anteil der Studienanfänger betrifft, muss zwischen MIN- und T differenziert werden: Der Anteil der MIN-Studienanfänger an allen Studienanfängern ist von 2000 bis 2011 von 18,7% auf 17,6% gesunken, während der Anteil der T-Studienanfänger im gleichen Zeitraum von 16,8% auf 22,5% gestiegen ist. (MINT-Herbstreport 2012, S. 49)
    6 http://stifterverband.info/wissenschaft_und_hochschule/hochschulen_im_wettbewerb/mint_absolventen/mint-welt_in_zahlen/fachkraefteluecke/index.html
    7 http://www.e-fi.de/fileadmin/Innovationsstudien_2012/StuDIS_15_ZEW.pdf S. VIII

Die Unterzeichner:

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit über 62.000 Mitgliedern auch größte physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen.
Weitere Informationen: www.dpg-physik.de

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (GDCh) vereint die den chemischen und molekularen Wissenschaften verbundenen Menschen und unterstützt sie in ihrem verantwortungsvollen und nachhaltigen Tun zum Wohle der Allgemeinheit und unseres Lebensraums. Im Sinne dieser Ausrichtung fördern die GDCh und ihre mehr als 30.000 Mitglieder die Chemie in Lehre, Forschung und Anwendung. Darüber hinaus ist es ihr Anliegen, Verständnis und Wissen von der Chemie sowie chemischen Zusammenhängen in der Öffentlichkeit zu vertiefen.
Weitere Informationen: www.gdch.de

Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung e.V. (DMV) vernetzt rund 5.000 Mathematikerinnen und Mathematiker. Sie setzt sich für alle Belange der Mathematik ein. Sie fördert Forschung, Lehre und Anwendungen der Mathematik sowie nationalen und internationalen Erfahrungsaustausch und sie vertritt die Interessen der Mathematik in der Gesellschaft.
Weitere Informationen: www.dmv.mathematik.de

Der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V. (VBIO) ist das gemeinsame Dach für alle, die in den Bereichen Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin tätig sind: in Hochschule, Schule, Industrie, Verwaltung, Selbstständigkeit oder Forschung. Die insgesamt etwa 30.000 Mitglieder des VBIO vertreten das gesamte Spektrum der Biowissenschaften; von der molekularen, zellulären oder der am Organismus orientierten Herangehensweise bis hin zur Biomedizin.
Weitere Informationen: www.vbio.de