14.03.2011

Press Release

of the German Physical Society

Neue Studie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft: Industrie mag Bachelor nicht

Absolventen mit höherer Qualifikation hingegen stark nachgefragt

Dresden, 14. März 2011 – Physikerinnen und Physiker mit Diplom- oder Master-Abschluss sind auf dem Arbeitsmarkt begehrte Fachkräfte. Doch der Abschluss Bachelor stößt bei der deutschen Wirtschaft auf wenig Interesse. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Die Umfrage unter 28 großen und mittelständischen Unternehmen zeigt, dass es für Absolventen mit dem Abschluss Physik-Bachelor derzeit praktisch keine Nachfrage gibt. Die mit diesem Abschluss verbundene Qualifikation wird von den Unternehmen als nicht ausreichend angesehen und der Bachelor als einziger berufsqualifizierender Abschluss nahezu einstimmig nicht angenommen. In zahlreichen Aspekten stellt diese Untersuchung das positive Bild, das die Bundesregierung von der Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses zeichnet, in Frage.

„Der Abschluss Physik-Bachelor wird von der Wirtschaft derzeit nicht nachgefragt. Es ist daher wichtig, die Studierenden frühzeitig darüber zu informieren, dass sie für einen aussichtsreichen Job in der Wirtschaft den Masterabschluss benötigen“, so DPG-Präsident Wolfgang Sandner anlässlich der Jahrestagung der DPG in Dresden. „Gleichzeitig ist an den Hochschulen dafür zu sorgen, dass der Zugang zu einem Masterstudiengang einem Bachelor nicht verwehrt werden darf. Dafür müssen den Universitäten auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.“

„Die DPG unterstützt ausdrücklich die Bologna-Reform“, betont Sandner. „Der hierfür erforderliche Umbau des Hochschulsystems ist allerdings kein abgeschlossener, sondern ein voranschreitender Prozess, bei dem alle Beteiligten, die Politik, die Hochschulen, die Industrie und die Studierenden aufeinander zugehen und voneinander lernen müssen. Das jedenfalls ist das Fazit unserer Studie.“

Anlass für die Studie

Bisherige Studien über die Akzeptanz des Bachelorabschlusses erlauben keine spezifischen Rückschlüsse für den Fall des Physik-Bachelors. Aus diesem Grund hat sich die DPG entschlossen, eine Umfrage in typischen, Physikerinnen und Physiker beschäftigenden Firmen durchzuführen. Gefragt wurde nach der Bekanntheit des Bachelorabschlusses bei 28 großen und mittelständischen Unternehmen. Auch ging es um Einstellungschancen, Einsatzbereiche und Karrieremöglichkeiten. Insgesamt wird die Qualifikation Physik-Bachelor als „unvollständige“ Ausbildung eingeschätzt.

Positiv wird vermerkt, dass mit der Standardisierung von Abschlüssen eine bessere Vergleichbarkeit, insbesondere zwischen verschiedenen Ländern und Hochschulen, möglich ist. Die Umfrage zeigte aber auch auf, dass nach wie vor nur Absolventen mit dem Abschluss Master oder Diplom oder mit einer Promotion über jene Qualifikationen verfügen, die die Wirtschaft von Physikerinnen und Physikern erwartet.

Wichtige Ergebnisse der Studie sind:

  • Über die Hälfte der Befragten gibt an, gut über den Bachelorabschluss informiert zu sein.
  • Die Qualifikation Physik-Bachelor wird von den Teilnehmern an der Befragung als „unvollständige“ Ausbildung eingeschätzt.
  • Der Physik-Bachelor (Universitätsabschluss) wird aus Sicht der Industrieunternehmen kritischer als der FH-Bachelor des Studiengangs Physikalische Technik bewertet. Hierbei wird dem FH-Bachelor ein stärkerer Praxisbezug in der Ausbildung zugesprochen.
  • Aus einzelnen Gesprächen wurde deutlich, dass aufgrund der speziellen Situation in Deutschland wenig Bedarf für Physik-Bachelors gesehen wird. Diese Einschätzung wird mit dem ausgezeichneten System der beruflichen Ausbildung in Deutschland begründet, das dem Arbeitsmarkt hervorragend ausgebildete Techniker und Laboranten bereitstellt.
  • Der Bachelor als einziger berufsqualifizierender Abschluss wird von den Befragten nahezu einstimmig nicht akzeptiert. Vielmehr wird Studierenden empfohlen, den Physik-Bachelorabschluss als Vorstufe für einen Masterabschluss zu nutzen.
  • In größeren Unternehmen mit spezifischen Ausbildungsprogrammen werden Chancen für die Aufnahme und Weiterqualifizierung von Physik-Bachelors gesehen.
  • Positiv bemerkten die Befragten, dass die Standardisierung der Abschlüsse eine Vergleichbarkeit, insbesondere zwischen verschiedenen Ländern und Hochschulen, ermöglicht.
  • Die Unternehmen begrüßen die Möglichkeit des Wechsels von Studienfächern und Hochschulen nach dem Bachelorabschluss. Damit eröffnen sich auch Möglichkeiten individueller, transdisziplinärer Bildungswege.
  • Die Umfrage zeigt aber deutlich, dass der Bedarf für Physiker in der Industrie nach wie vor auf dem Gebiet der höher qualifizierten Absolventen, das heißt Master/Diplom oder Promotion gesehen wird, insbesondere für Einsatzmöglichkeiten in Forschung und Entwicklung.

Download der Studie (PDF, 4 MB)

The German Physical Society (Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V.; DPG), which was founded way back in 1845, is the oldest national and, with more than 60,000 members, also the largest physical society in the world. As a non-profit-making organisation it pursues no economic interests. The DPG promotes the transfer of knowledge within the scientific community through conferences, events and publications, and aims to open a window to physics for the curious. Its special focuses are on encouraging junior scientists and promoting equal opportunities. The DPG’s head office is at Bad Honnef am Rhein. Its representative office in the capital is the Magnus-Haus Berlin. Website: www.dpg-physik.de