12.03.2007

Pressemitteilung

der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Zwischen Rheinland und Quantenkosmos

Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Düsseldorf

Düsseldorf, 12. März 2007 – Rund 1.500 Physikerinnen und Physiker treffen sich vom 19. bis 23. März 2007 an der Universität Düsseldorf zum Stelldichein der Atom-, Molekül- und Quantenforscher. Im Einzelnen geht es um Laserchirurgie, Nanotechnik, verschlüsselte Kommunikation dank Quantenphysik und zahlreiche weitere Themen. Veranstalter ist die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG). Zu den Tagungsgästen zählen die deutschen Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle, Theodor Hänsch und der US-Amerikaner Roy Glauber. (Bild: Laser-Experiment, Uni Würzburg / Philip Morris Stiftung)

Hinweis an die Redaktionen:
Zum Tagungsauftakt sind die Medien herzlich zu einer Pressekonferenz eingeladen. Der Termin:

Montag, 19. März, 10:00 Uhr
Universität Düsseldorf
Gebäude 26.31 / Raum 51 (1. OG)
Universitätsstraße 1

Das breitgefächerte Tagungsprogramm umfasst knapp 300 Seiten. Leitmotiv sind aktuelle Forschungsergebnisse der Atom-, Molekül- und Quantenphysik. Hier einige Einblicke:

Frostige Wölkchen: Quantengase gelten als kälteste "Objekte" des Universums. Genauer betrachtet, handelt es sich um lichte Teilchenwolken, die nur im Labor existieren. Sie sind extrem kalt, ihre Temperatur liegt dicht am absoluten Nullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius. Unter diesen Bedingungen regiert die Quantenphysik das Geschehen: Statt wie üblich wild durcheinander zu schwirren, "marschieren" die Gasteilchen im Gleichschritt, wie beim "Bose-Einstein-Kondensat", oder gruppieren sich paarweise, wie beim "fermionischen Kondensat". Sinn der Übung: Die "ultracoolen" Gase sind ideale Versuchsobjekte, um Quantenphänomene wie die Suprafluidität und die Supraleitung zu studieren. Dabei geht es um Flüssigkeiten, die völlig reibungslos fließen, bzw. um Materialien, die elektrischen Strom verlustfrei transportieren. In Düsseldorf berichtet Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle über neueste Entwicklungen.

Verschlüsselte Quanten: Kupferdrähte und Lichtleiter sind die Adern der Informationsgesellschaft. Aber nicht alles was durch die Kabel saust, ist auch für neugierige Augen oder Ohren bestimmt. Hier sind Kryptologen gefragt. Sie können seit jüngster Zeit auf Beistand der Quantenphysiker hoffen. Die "Quantenverschlüsselung" gilt - zumindest theoretisch - als absolut zuverlässig. Sie kann zwar nicht verhindern, dass eine Leitung angezapft wird, dafür aber jeden Lauchangriff sofort enttarnen. Einziger Wermutstropfen: Bislang funktionierte die Quantenkommunikation nur über kurze Entfernungen. Mit codierten Lichtsignalen zwischen den kanarischen Inseln La Palma und Teneriffa haben deutsche Physiker nun jedoch erstmals eine 144 Kilometer lange Strecke überbrückt. Die Ergebnisse werden in Düsseldorf präsentiert.

Filigrane Maschinen: Immer kompakter, immer kleiner - in der Technik schreitet die Miniaturisierung rasant voran. Das Ideal ist Mutter Natur: in unserem Körper sorgen winzige Biomoleküle für Stofftransport, Zellteilung und Muskelbewegung. Solche "molekulare Motoren" nachzubauen, ist der Traum von "Nanoforschern" wie dem Niederländer Ben Feringa. Bei der Tagung berichtet er über lichtgetriebene Minipropeller und weitere "Maschinchen", die vielfach kleiner sind, als der Durchmesser eines Menschenhaares.

Geschockte Bazillen: Ein Stromschlag ist alles andere als angenehm. Planmäßig eingesetzt sind kurze elektrische "Pulse" jedoch durchaus von Nutzen, wenn es darum geht, Antibiotika resistenten Bakterien im Abwasser von Kliniken den Garaus zu machen. Auch die Lebensmittelindustrie bedient sich gezielter Stromstöße: etwa bei der Herstellung von Frucht- und Gemüsesäften. Diese und weitere Anwendungen elektrischer Pulse werden in Düsseldorf erörtert.

Physikalische Schönheitspflege: Diverse Tagungsbeiträge drehen sich um das "Plasma", einem gasähnlichen Gemisch aus elektrisch geladenen Teilchen. In der Natur begleitet es Funken und Blitze, aber auch die Sonne - und alle anderen Sterne - sind aus heißem Plasma gestrickt. In der Technik kommt üblicherweise kühleres Plasmas zum Einsatz. Ein Beispiel aus dem Düsseldorfer Programm ist die Plasma-Sterilisierung von Trinkflaschen und medizinischen Geräten. Indessen hat sich die Göttinger Physikerin Stephanie Tümmel mit der Plasma-Behandlung von Fuß- und Fingernägeln auseinandergesetzt. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit stellte sie fest, dass eine Vorbehandlung der Nägel mit Plasma deren Lackierung deutlich verbessert. Dies gilt insbesondere für Bio-Lacke auf Alkoholbasis. Das Verfahren ist völlig ungefährlich und wurde inzwischen zum Patent angemeldet. Stephanie Tümmel erhält für ihre Studien den mit 1.500 Euro dotierten "Georg-Simon-Ohm-Preis" der DPG. Die Preisverleihung findet im Rahmen der Tagung statt.

Preiswürdige Forscher: In Düsseldorf zeichnet die DPG noch weitere Wissenschaftler aus. Es sind der Bonner Dieter Meschede, der Potsdamer Matias Bargheer und die Erlanger Physikerin Christine Silberhorn. Außerdem prämiert der DPG-Arbeitskreis "Atome, Moleküle, Quantenoptik und Plasmen" erstmals eine herausragende Doktorarbeit. Aus diesem Anlass wurden vier Kandidaten zur Tagung eingeladen. Zwei stammen aus Deutschland, die beiden anderen arbeiten in Frankreich bzw. Österreich. Der Preisträger wird im Rahmen einer Fachsitzung bestimmt, bei der alle Anwärter ihre Doktorarbeit vorstellen.

Rasante Teilchen: Man stelle sich vor, das gesamte auf die Erde einfallende Sonnenlicht wäre auf die Ausmaße einer Bleistiftspitze gebündelt. Kein bloßes Gedankenspiel, solch geballtes Licht lässt sich tatsächlich mit Laserblitzen erzeugen - wenngleich nur für den Bruchteil einer Milliardstelsekunde. Der Clou: Derartige Laserblitze können Elektronen und Ionen (elektrisch geladene Atome) nahezu auf Lichtgeschwindigkeit antreiben. Teilchenforschung, Strahlentherapie und neuartige Lichtquellen ("Freie-Elektronen-Laser") sind für die rasanten Partikel mögliche Einsatzgebiete. Aktuelle Forschungsergebnisse aus diesem Bereich - Fachleute sprechen von "Laser-Plasma-Physik" - werden in Düsseldorf vorgestellt.

Gebändigtes Licht: Im Jahre 2005 ehrte das Nobelkomitee drei Physiker für ihre Arbeiten in Sachen Licht- und Laserforschung - darunter den Münchner Theodor Hänsch und den US-Amerikaner Roy Glauber. Bei der DPG-Tagung berichtet der deutsche Nobelpreisträger darüber, wie sich Atome dank pfiffiger Lasertechnik mit nie dagewesener Präzision untersuchen lassen. Hänsch und Kollegen möchten auf diese Weise überprüfen, ob die Naturkonstanten tatsächlich unveränderlich sind. Schwankungen sollten sich nämlich in bestimmten Eigenschaften (den "Energiespektren") der Atome widerspiegeln. Im Gegensatz zum Experimentalphysiker Theodor Hänsch behandelt Roy Glauber das Licht aus Sicht des Theoretikers: In Düsseldorf referiert er über grundlegende Effekte wie die Emission und Absorption von Lichtquanten.

Feiner Riecher: Die Grundlagenforschung bildet den Schwerpunkt des Programms, bei der Tagung geht es jedoch auch um praktische Anwendungen. Der Laser-Strahl als Knochensäge, als "Zündfunke" für optimierte Motorenleistung und als "Spürnase" für Sprengstoffe sind einige der Themen, die in Düsseldorf diskutiert werden. Ebenfalls um praktische Aspekte geht es beim öffentlichen Abendvortrag "Moderner Lasereinsatz in Medizin, Umwelt und Life Science", der am 21. März, in der Universität Düsseldorf stattfindet (Gebäude 23.01, Konrad Henkel-Hörsaal/HS 3A). Referent ist der Düsseldorfer Lasermediziner Peter Hering. Beginn: 20:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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