Wir über uns

Geschichte des Fachverbandes | Aufgaben des Fachverbandes Geschichte der Physik | Aktivitäten | Geschichte der Physik | Physikhistorische Arbeitsmethoden

Der Fachverband wurde im Jahre 1972 auf Anregung des damaligen DPG-Präsidenten W. Buckel von Armin Hermann (Stuttgart) gegründet und von diesem bis 1991 geleitet. In der Physikalischen Gesellschaft der DDR hatten 1978 Dieter Hoffmann und Horst Kant (beide Berlin) eine Arbeitsgruppe Physikgeschichte ins Leben gerufen, die letzterer bis 1990 leitete. Mit der Vereinigung der beiden Physikalischen Gesellschaft erfolgte 1990 auch eine Zusammenführung der beiden physikhistorischen Fachvereinigungen und 1991 die Wahl eines neuen Vorstands.

Der Fachverband Physikgeschichte sieht es als seine Aufgabe an, im engen Kontakt mit den in der DPG zusammengeschlossenen Physikern alle einschlägigen Aktivitäten und Arbeitsvorhaben im deutschen Sprachraum zu bündeln und wenn möglich zu unterstützen. Darüber hinaus erstreben wir auch eine sinnvolle Koordinierung mit den Nachbarfeldern - der Geophysik, der Astronomie (Arbeitskreis Astronomiegeschichte ), der Chemie (historical papers in chemistry and physics online), der Technik (z.B. dem Deutschen Museum, der Deutschen Gesellschaft für Technikgeschichte oder der Agricola-Gesellschaft), der Mathematik (zum Beispiel der Hilbert-Edition) sowie den Gesellschaften für Wissenschaftsgeschichte (DGGMNT, GWG, History of Science Society) bzw. der Wissenschaftsforschung (im englischen Sprachraum auch STS-Programs genannt: siehe z.B. Virtual STS: Social and Cultural Studies of Science on the Web oder Science Studies Resources ) und der Didaktik (Arbeitskreis Didaktik der Physik in der DPG) an.

Zu den Aktivitäten des Fachverbandes Physikgeschichte gehören:

  • Einfluß auf die Sicherung und Erschließung einschlägiger Quellen zu nehmen; so wurde auf Anregung des Fachverbandes 1998 im Magnus-Haus  in Berlin ein eigenes Archiv der DPG eingerichtet, in dem Nachlässe, Interviews, und andere Materialien gesammelt werden.
  • alle zwei Jahre die Veranstaltung von thematisch ausgerichteten Physikhistorischen Tagungen im Rahmen der Physikertagung der DPG.
  • die Unterstützung anderer physikhistorisch ausgerichteter workshops, Tagungen und Kongresse zu besonderen Anlässen (z.B.: 2. Workshop über die DPG im Dritten Reich 14.12 - 15.12. 2002).

Ein Interesse an der Geschichte der Physik besteht in gewisser Weise schon seit Entstehung der physikalischen Wissenschaften selbst. Doch während dieses Interesse in früheren Zeiten zumeist auf die Darstellung der Vorgeschichte eines behandelten Problems im Rahmen von Vorworten und Einleitungen beschränkt war, entstanden in der Aufklärungszeit die ersten Versuche, Gesamtüberblicke zu einzelnen Fachgebieten der Physik zu verfassen (so z.B. Joseph Priestleys Geschichte der Electricität bzw. der Optik). An diese Werke schlossen sich im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert einflußreiche physikhistorische Abhandlungen etlicher bekannter Physiker an (z.B. Ernst Mach, Pierre Duhem), in denen noch sehr stark eine philosophische Agenda dominierte. Parallel dazu entstanden auch erste Ansätze von Gesamtdarstellungen der Physik (z.B. von Johann Christian Poggendorff 1879, August Heller 1882-84, J.K. Ferdinand Rosenberger 1882-90 und Ernst Gerland 1913). Mit der Professionalisierung des Faches Wissenschaftsgeschichte, das in Deutschland mittlerweile an vielen Hochschulstandorten vertreten ist, entfaltete sich auch die Physikgeschichte als eigenständiger Forschungsbereich, die in diesem Feld lange eine Vorreiterrolle hatte und die inzwischen weltweit von einigen hundert Forschern hauptberuflich und von einer noch größeren Zahl nebenberuflich betrieben wird.

Erste thematische Überblicke findet man beispielsweise in Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik (orig. ungarisch 1986, dt. Übersetzung Urania-Verlag Leipzig 1990, Nachauflage erschienen bei Harri Deutsch in Frankfurt/Main), Robert Lecoqueneux: Kurze Geschichte der Physik, Göttingen: Vandenhoek, 1989, bzw. in Wolfgang Schreier: Geschichte der Physik, ein Abriß, Berlin: Deutscher Verlag der Wissenschaften, 2. Aufl. 1991; vgl. ferner Armin Hermann: Lexikon der Physik A-Z, Köln: Aulis, 3. Aufl. 1987 sowie für weiterführende Literaturhinweise z.B. Burkhard Weiss: Wie finde ich Literatur zur Geschichte der Naturwissenschaft und der Technik, Berlin: Spitz, 2. Aufl. 1990, S. 234-246, Wolfgang Schreier: Deutschsprachige physikhistorische Literatur aus dem 19. Jahrhundert: Struktur, Diktion, Wandlung, NTM 7 (1999), S. 129-139, Andreas Kleinert: Histoire des sciences et histoire nationale: Manipulation, conflit ou dialogue? L'historiographie des sciences en Allemagne. Scientarium Historia 25(1999) S.91-102. sowie einschlägige Einträge im Companion to the History of Modern Science, herausgegeben von R.C. Olby et al, London: Routledge, 1990.

Das Spektrum der physikhistorischen Arbeitsmethoden reicht vom Erschließen und Edieren wissenschaftlicher Korrespondenzen und Manuskripte (z.B. von Galileo Galilei, Wolfgang Pauli, Arnold Sommerfeld oder Albert Einstein) als wichtige Grundlage fundierter Biographien (vgl. die folgenden Links mit weiterführender Literatur z.B. zu Einstein, zu Heisenberg und der Unschärferelation, zur Geschichte des Transistors oder über Sacharow, Kernwaffen und Menschenrechte) über prosopographische und sozialhistorische Studien (z.B. zu Galilei und seinem Umfeld, zur Sommerfeld-Schule, über Physik in der Weimarer Republik oder die Emigration von Physikern ab 1933) bis hin zur Institutionsgeschichte (so zur Physikalisch-Technische Reichsanstalt, den Instituten der Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Gesellschaft und anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie z.B. dem Einstein-Turm, oder zu der Geschichte der Physik an einzelnen Universitäten). In mentalitätsgeschichtlichen Untersuchungen wird nach den Ursachen und Ausprägungen von Normenprofilen und tiefliegenden Handlungsdispositionen gefragt (so z.B. nach den Wurzeln und Entstehungsbedingungen der Ideologie einer »Deutschen Physik«). Einen großen Anteil nehmen auch problem- und disziplinengeschichtliche Untersuchungen ein (z.B. zur Relativitäts- und Quantentheorie bzw. einzelne Aspekte ihrer Genese), in neuerer Zeit noch ergänzt durch computergestützte Rekonstruktionen von Entdeckungswegen (wie z.B. in Projekten an der Universität Bern). Rezeptionsgeschichtliche Arbeiten untersuchen die Wirkung dieser Neuerungen auf die scientific community, z.T. auch weit darüber hinaus auf andere soziale Gruppen. Auch die besondere Rolle, die nicht-verbale Formen der Wissensrepräsentation (Abbildungen, Veranschaulichungen und Diagramme) sowohl im Kontext der Wissensgenerierung wie auch der Weitergabe und Popularisierung haben, rückt zunehmend ins Blickfeld. Zum besseren Verständnis der Geschichte physikalischer Experimentiertechniken oder experimenteller Probleme wird neben der traditionellen Instrumentengeschichte in neuerer Zeit zunehmend auch auf die Methode der experimentellen Replikation dieser Experimente mit möglichst originalgetreu nachgebauten Instrumenten zurückgegriffen (so z.B. an der Universität Oldenburg). Die Rekonstruktion der gesamten materiellen Kultur (z.B. der von Präzisionsmessungen im 19. Jahrhundert bzw. der Elementarteilchenphysik im 20. Jahrhundert), in die physikalische Experimentierpraxis eingebunden ist, schließt auch die skills der unbekannt gebliebenen Laborgehilfen, das »tacit knowledge« aller Beteiligter, und spin-offs für industrielle Forschung und Entwicklung ein: Ziel ist ein integriertes Bild des komplexen Bedingungs- und Wirkungsgefüges von Physik im kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld (Beispiel Renaissance-Ingenieure).

Diese Seite wurde nach Hinweisen von P. Heering, K. Hentschel, D. Hoffmann, A. Kleinert, H. Rechenberg und J. Teichmann entworfen.