Kavitation in Technik und Medizin: Beschreibung und Quantifizierung

14. Workshop "Physikalische Akustik"

Was haben Brillenreinigung, eine sonographische Untersuchung der Leber, Abwasserbe¬handlung und eine Operation des Grauen Stars gemeinsam? Zunächst möchte man meinen: nichts. Ein näheres Hinsehen zeigt jedoch, dass in allen Anwendungen Ultraschallkavitation auftritt und sehr erfolgreich eingesetzt wird. Bei dieser großen Spannweite der Themen verwundert es nicht, dass viele Anwender nichts voneinander wissen und so wertvolle Synergieeffekte ungenutzt bleiben.

Mit dem Workshop "Kavitation", der vor zwei Jahren an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig stattfand, wurde erstmals der Versuch unternommen, ein Forum für einen Erfahrungsaustausch über die Themengrenzen hinaus zu schaffen. In diesem Jahr sollte nun im Rahmen des Workshops "Physikalische Akustik" des Fachausschusses Physikalische Akustik der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) und des Fachverbands Akustik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) eine weitere Veranstaltung folgen, die sich insbesondere das Ziel gesetzt hatte, eine Brücke zwischen Technik und Medizin zu schlagen.

Der zweitägige Workshop fand am 18. und 19. Oktober 2007 in den Räumen des Physikzentrums der DPG in Bad Honnef statt. Das Programm enthielt eine große Vielfalt an Themen aus dem technischen und medizinischen Bereich. Zu Beginn führten vier Vorträge in das Gebiet ein und vermittelten grundlegendes Wissen, um den Blick über die Grenzen des eigenen Gebiets hinaus zu erleichtern (C. Koch, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig, W. Lauterborn, Universität Göttingen, G. Schmitz, Ruhr-Universität Bochum, V. Uhlendorf, ETH Zürich). Eine Sitzung mit vier Vorträgen zum tieferen Verständnis der Kavitation und Vermessung und Simulation von Schallfeldern in kavitierenden Flüssigkeiten schloss sich an (R. Mettin, Universität Göttingen, B. Dollet, Universität Twente, M. Postema, University of Hull, A. Vogel, Institut für biomedizinische Optik und Laserzentrum, Lübeck).

Die Präsentationen von Einzelthemen, immer im Wechsel aus Medizin und Technik, zeigten dann die ganze Vielfalt der Anwendungen von Kavitationsphänomenen. So erhofft man sich z.B. von kleinen, durch Hüllen aus verschiedenen Materialien "versteiften" Gasblasen eine deutliche Verbesserung des Kontrasts bei sonographischen Untersuchungen. Belädt man die Hüllen mit chemischen Substanzen und gelingt es, diese Blasen gezielt im menschlichen Körper zu platzieren und dort mit einem kurzen Ultraschallimpuls zu zerstören, können lokal Medikamente deponiert werden, die an anderen Stellen des Körpers großen Schaden anrichten würden, wie zum Beispiel für eine lokale Krebstherapie. Die Reinigung von Filtern in der Abwassertechnik dagegen stellt ganz andere Anforderungen. Hier kommt es vor allem darauf an, den Ultraschall wirkungsvoll einzusetzen, die Ausfallzeiten zu minimieren und optimale Reinigungsbedingungen einzustellen. Angesichts der stark stochastischen Vorgänge rund um die Kavitation stellt diese Aufgabe große Anforderungen an Planung und Konzeption einer Anlage. In manchen Fällen, wie bei der Operation des grauen Stars hätte man am liebsten überhaupt keine Kavitation, denn dort führt sie zu schwer steuerbaren Schädigungsvorgängen vor allem der Hornhaut. Diese Effekte sind aber noch nicht ausreichend untersucht.

Die Teilnehmer versuchten, möglichst viele Erfahrungen aus anderen Gebieten zu sammeln, so dass sich in den zahlreichen, im Programm bewusst eingeplanten Freiräumen stets rege Diskussionen ergaben. Die Mehrzahl der Teilnehmer empfand den Workshop als Bereicherung und plädierte dann auch am Schluss der Veranstaltung für eine entsprechende Wiederholung in zwei Jahren. Zusammenfassungen der Vorträge der diesjährigen Veranstaltung werden in einer der kommenden Ausgaben der Zeitschrift Acustica/Acta Acustica veröffentlicht.

Sigrun Hirsekorn
Fraunhofer Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren, Saarbrücken

Christian Koch
Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig

Wolfgang Kropp
Chalmers University, Göteborg, Schweden

Georg Schmitz
Ruhr-Universität Bochum