ONLINE: jDPG Workshop ''Randbedingungen und Randeffekte in der Physik''

Wochenendworkshop zu Effekten und Bedingungen an Grenzen und Rändern von physikalischen Systemen

Workshop
Datum:
Fr, 19.11.2021 15:00  –   Sa, 20.11.2021 16:00
Sprecher:
Prof. Dr. Hartmut Zohm, Prof. Dr. Thomas Schwetz-Mangold, Prof. Dr. Erwin Frey, Dr. Martina Klose, IPP, KIT, LMU , KIT
Adresse:
Zoom


 
Anmeldung erforderlich
Sprache:
Deutsch
Kontaktperson:
Tobias Roth, , , 0157 7347 7577
DPG-Vereinigung:
Arbeitskreis junge DPG (AKjDPG)  

Beschreibung

Am Rand geht alles hinreichend schnell gegen Null!

Kennst Du das: ''... und jetzt fordern wir noch, dass unser System unendlich ausgedehnt ist und dass am Rand alle Größen Null sind. Dann fallen diese lästigen Randterme weg...''

Praktisch!, oder? Was aber, wenn das System endlich wäre? Am Rand doch etwas passieren würde? Wenn man die Größen dort nicht gegen Null zwingen würde?

Wann ist es gerechtfertigt Randterme zu verwerfen? Wie modelliert man 'Ränder' zweier oder mehrer Systeme wenn sie sich dort 'berühren? Welche Bedingungen lassen sich an Größen stellen, wenn sie auf dem Rand des Systems liegen? Was wenn der Rand selbst ein wesentlicher Teil des Systems ist? Und, hat das Universum eigentlich einen Rand?

Wo? Wann? Wer?

Diesen und vielen weiteren Fragen wollen wir in unserem bundesweiten Online-Wochenendworkshop ''Randbedingungen und Randeffekte in der Physik'' von Freitag den 19. bis Samstag den 20.11. auf den Grund gehen! Wir haben Speaker eingeladen aus der Plasmaphysik, der Kosmologie, der Biophysik und der Meteorologie. In Vorträgen, Diskussionsrunden und Hands-On-Sessions wollen wir euch zeigen was Ränder sind, und wie wir sie in der Theorie einsetzen können um Natur besser zu beschreiben!

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Meldet Euch also gern an! Wir freuen uns auf Euch!

Abstracts zu den Vorträgen am Freitag

Prof. Dr. Hartmut Zohm (IPP)

Randbedingungen in der Physik

Randbedingungen begegnen Physiker/innen im Laufe ihrer Karriere in verschiedenster Form.
Während die Randbedingungen für die wissenschaftliche Arbeit (angemessene Finanzierung, wissenschaftliche Freiheit) sehr wichtig für die Wahl des Karrierewegs sein können wird sich der Vortrag eher mit den physikalisch-mathematischen Randbedingungen bei der Beschreibung von physikalischen Phänomenen beschäftigen.
Zunächst wird es eine kleine Einführung in das Thema geben in der dargestellt wird, wie sich unsere physikalische Intuition in mathematische Randbedingungen übersetzt. Ein paar Beispiele zeigen, wie die Randbedingungen die Lösung partieller Differentialgleichungen (mit)bestimmen.

Danach behandelt die Vorlesung Fälle in denen die Wahl der Randbedingungen nicht unbedingt mit der intuitiven Wahl übereinstimmt. Insbesondere geht es um den Übergang zwischen idealen und dissipativen Systemen, in denen der Übergang 'Dissipation gegen Null' nicht unbedingt die ideale Lösung beinhaltet. Dies wird zunächst am bekannten Beispiel der Viskosität in der Hydrodynamik diskutiert. Darauf wird das (strukturell ähnliche, aber weniger bekannte) Problem der magnetischen Rekonnektion in der Magnetohydrodynamik heißer Plasmen vorgestellt, das sich sowohl in Laborplasmen als auch in der Astrophysik beobachten lässt.

Prof. Dr. Thomas Schwetz-Mangold (KIT)

Randbedingungen: vom Wasserstoffatom bis zum Rand des Universums

Randbedingungen sind ein wesentlicher Bestandteil um physikalische Phänomene zu beschreiben. Naturgesetze werden in der Regel mit Hilfe von Differentialgleichungen formuliert. Für eine konkrete Lösung dieser Gleichungen ist es jedoch immer notwendig Anfangs- oder Randbedingungen zu spezifizieren. Dies spielt daher eine fundamentale Rolle im Verständnis der physikalischen Welt. Im ersten Teil des Vortrages werde ich einige Beispiele dafür diskutieren.

Anhand der quantenmechanischen Beschreibung des Wasserstoffatoms wird illustriert, dass Randbedingungen für die Quantisierung der Energie der Elektronzustände - und daher letztlich für die Stabilität von Atomen verantwortlich sind. Im zweiten Teil des Vortrages möchte ich das Konzept der Randbedingung verallgemeinern auf kosmologische Horizonte. Die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit von kausalen Signalen im Kontext des expandierenden Universums im Urknallmodell führt dazu, dass nur ein beschränkter Teil des Universums in kausalem Kontakt sein kann. Dieser Horizont entspricht in diesem Sinne einem prinzipiellen "Rand des Universums". Im Vortrag werden verschiedene Aspekte des kosmologischen Horizonts betrachtet.

Abstracts zu den Vorträgen am Samstag

Prof. Dr. Erwin Frey (LMU)

Randbedingungen in der Physik lebender Systeme

Die Biophysik befasst sich mit der Untersuchung der grundlegenden Prinzipien biomolekularer Systeme. Die zentrale Frage lautet: Wie lässt sich die Entstehung biologischer Funktionen auf der Grundlage der Gesetze der Physik und Chemie verstehen? Grenzbedingungen spielen dabei eine zentrale Rolle.

Die Grundeinheit allen Lebens, die Zelle, wird von einer Zellmembran begrenzt. Diese Zellmembran regelt die Kommunikation mit der extrazellulären Umgebung und anderen Zellen und spielt auch bei der intrazellulären Organisation eine entscheidende Rolle. Intrazelluläre Prozesse bestehen aus dem komplexen Zusammenspiel chemischer und mechanischer Vorgänge, die sich über Grenzflächen gegenseitig beeinflussen. Die Bildung und Bewegung von Grenzflächen ist ein grundlegendes Prinzip für die räumliche und zeitliche Selbstorganisation des Zellinneren und damit eine Grundvoraussetzung für biologische Funktionen wie Zellteilung und Zellwanderung.

In diesem Vortrag wird auf die wesentliche Rolle von Anfangs- und Randbedingungen bei diesen
‘Prozessen des Lebens’ eingegangen.

Dr. Martina Klose (KIT)

Randbedingungen in der Atmosphärenphysik

Die Physik der Atmosphäre beschäftigt sich mit den physikalischen Vorgängen in der Atmosphäre sowie mit deren Wechselwirkungen mit anderen Komponenten des Klimasystems und dem Weltraum. Um die komplexen Zusammenhänge dieser Vorgänge besser verstehen und quantitativ bestimmen zu können, ist die numerische Modellierung ein unerlässliches Werkzeug. Randbedingungen werden hier – je nach Art der Modellanwendung – z.B. für den Unter- und Oberrand der Atmosphäre (Land/Ozean bzw. Weltraum) oder die Außengrenzen der Modelldomäne gebraucht.

Hier sollen Grundlagen der atmosphärischen Modellierung vermittelt sowie ein Überblick über den Einsatz von Randbedingungen in verschiedenen Modellanwendungen geben werden.