Jahresbericht 2006

Berichtszeitraum: 1. April 2006 bis 31. März 2007

Die DPG meldet sich zu Wort

Im vergangenen Jahr wurde mit der Veröffentlichung einer Studie zur Geschichte der DPG im Dritten Reich ein sehr erfolgreiches Projekt abgeschlossen. Uns Deutschen sollte die Beschäftigung mit unserer jüngeren Geschichte immer ein zentrales Anliegen und eine besondere Verpflichtung bleiben. Auf der Basis dieses Geschichtsbewusstseins regte Dieter Hoffmann, Vorsitzender des DPG-Fachverbands „Geschichte der Physik“, im Jahr 2000 ein DPG-finanziertes Forschungsprojekt zur Geschichte der DPG im Dritten Reich an. Der damalige Präsident, Alexander Bradshaw, griff diesen Forschungsvorschlag ohne Zögern auf, und auch der DPG-Vorstandsrat stimmte zu. Mark Walker, US-amerikanischer Historiker, wurde als von der DPG unabhängiger Projektleiter eingesetzt und Dieter Hoffmann zum Mit-Projektleiter ernannt. Das Projekt fasst die Arbeit einer unabhängigen internationalen Gruppe namhafter Autoren in einem Sammelband zusammen, der den Titel „Physiker zwischen Autonomie und Anpassung. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft im Dritten Reich“ trägt. Dieses „Geschichts-Buch“ beleuchtet die Entwicklung der Physik in Deutschland und das Verhalten der Physiker im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit, und es enthält eine hochinteressante Zusammenstellung wissenschaftshistorischer Fakten. Bezüglich der historischen Verantwortung kommen die Autoren zum Schluss, dass die DPG anfangs von einer passiven Abwehr gegenüber den politischen und ideologischen Übergriffen des Naziregimes geprägt war. Sie bemerken jedoch kritisch, dass sich die DPG und viele ihrer verantwortlichen Mitglieder später leider nicht von Opportunismus und zuweilen auch von Regimenähe freisprechen lassen. Diese führten zwar nicht zu einer Mittäterschaft in Kernbereichen der NS-Politik, doch war diese Zeit allzu selten durch Zivilcourage gegenüber dem NS-Staat geprägt; die Physiker machten da also leider keine Ausnahme. Das Buch ist sehr lesens- und bedenkenswert, nicht nur aus Interesse an unserer Geschichte, sondern auch zur Überprüfung der eigenen ethischen und moralischen Maßstäbe und unserer Bereitschaft zum Widerstand und zur Zivilcourage, wenn dies die politischen Umstände gebieten.

 

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