Marco Moeller

"Ich liebe es, zu arbeiten, aber mir ist auch mein Rollenbild als gleichberechtigter Vater sehr wichtig."

Marco Möller studierte ohne Abitur im Doppelstudium Informatik und Physik, um dann später in Physik zu promovieren. Schon während des Studiums hat er sich als engagierter Vater in die Familenplanung gestürzt. Während der anschließenden Promotion baute er seit 2008 mit drei Freunden MAVinci auf, ein Start-up, das Drohnen zur Landerkundung und die dazugehörige Software herstellte. 2016 wurde MAVinci von Intel gekauft, Marco baute daraufhin sein Team innerhalb von Intel erfolgreich aus. Seit 2020 ist er wieder mit mehreren neuen Startups selbstständig. Seine Erfahrung gibt er ehrenamtlich weiter und rief u.a. den Start-up Bereich des Deutschen Jungforschernetzwerkes juFORUM e.V. ins Leben, wo er junge Forscherinnen und Forscher bei der eigenen Unternehmensgründung berät und Veranstaltungsformate organisiert. Nebenbei ist er auch bei den Parents und Scientists for Future aktiv beim Organisieren von Veranstaltungen, Vorträgen und anderen Aktionen, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen.

 

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Wenn ich nicht Physiker geworden wäre ...

…, wäre ich Kabarettist geworden. Jeder braucht einen Plan B. :-)


Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?

Ich liebe es, zu arbeiten, aber mir ist auch mein Rollenbild als gleichberechtigter Vater sehr wichtig. Daher jongliere ich schon immer zwischen mehreren Berufen, ehrenamtlichen Tätigkeiten und dem Vatersein.

Meine Hobbies sind Radfahren und Aktivismus. Ich liebe es, engagiert zu sein und mit Menschen in Kontakt zu treten, die für eine Sache brennen. Während des Studiums war ich sehr aktiv in der MINT Nachwuchsförderung im „Deutschen Jungforschernetzwerk - juFORUM e.V.“. Nachdem ich beruflich einige Jahre sehr stark eingebunden war, habe ich mir seit 2019 bewusst wieder mehr Freiraum geschaffen, um etwas gegen die meiner Meinung nach größte Krise der Menschheit zu tun: Den menschengemachten Klimawandel. Wenn man die harten grausamen Fakten schonungslos an sich heran lässt, gibt es eigentlich nur Verzweiflung oder Initiative…. Und ich gebe mich nur sehr ungern geschlagen. Daher bin ich bei den Parents 4 Future und Scientists 4 Future aktiv um Vorträge, Veranstaltungen und Aktionen zu organisieren.


Welchen Bezug haben Sie zur DPG?

Ich war eine Weile lang in der jDPG, bin aber aktuell nicht mehr dabei. Das sollte ich mal ändern. ;-)
Ich bin durch das Physikstudium und die Promotion zur jDPG gekommen. Vor einigen Jahren war ich auch schon einmal als Referent zu einem „Beruf und Familie“ Seminar eingeladen.


Welche Aufgabe sehen Sie für die Physik in der Gesellschaft von morgen?

Physikerinnen und Physiker sind für mich Universalisten, die die Welt verstehen und erklären können. Unsere globale Gesellschaft ist mehr und mehr zerrissen, was mir große Sorgen bereitet. Ein Punkt in dem dieses gesellschaftliche Umfeld auf die Physikerin bzw. den Physiker als „Universalnaturwissenschaftlerin“ bzw. „Univer-salnaturwissenschaftler“ trifft ist die zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit. Viele populistische Regierungen in der Welt suhlen sich öffentlich in der Herabsetzung der Wissenschaft.

Daher reicht es heutzutage nicht mehr, wenn die Wissenschaft in der Akademia unter sich bleibt, sondern Wissenschaft muss ihre Nachrichten mit Leidenschaft und Überzeugung in die Gesellschaft bringen. Gerade beim Klimawandel hat sich gezeigt, dass es nicht (mehr) reicht, die Fakten der eigenen Peergroup zu liefern. Sondern Wissenschaft darf oder muss ggf. sogar „aktivistisch“ veranlagt sein, um ihrer Rolle des Zukunftsorakels in einer effektiven Art und Weise gerecht zu werden. Die besten Erkenntnisse bringen nichts, wenn nicht nach ihnen gehandelt wird.

 

Welche Aufgaben hat eine europäisch gedachte Physik?

Völkerverständigung: Fragestellungen in der Naturwissenschaft haben keine Nationalität, daher sollten es auch die Antworten nicht haben.


Woran arbeiten Sie heute?

Meine Doktormutter Prof. Drossel hat den Leitspruch: „Physik ist kein Thema, sondern eine Methode“. Dieses Leitbild verfolge ich heute noch immer in meinen Aufgaben in Startups, Aktivismus oder Industrie. Logisch rationales Denken, Dinge auf ihren wesentlichen Kern zurückzuführen bzw. aus grundlegenden Prinzipien abzuleiten - das ist für mich Physik. Ich musste leider immer wieder sehen, dass Menschen sich an einer Nachkommastelle aufreiben, aber die Zehnerpotenz übersehen. Hier kann ich als Physiker gut vermitteln und Gedanken und Gespräche auf das Wesentliche lenken. Dieser Ansatz ist für mich wunderbar im „Fermi-Problem“ verkörpert, bei dem man aus wenigen Informationen und Annahmen trotzdem ein Verständnis des Wesentlichen erlangen kann.


Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?

Bleibt euch selbst immer treu! Sucht euch ein Thema, für das ihr brennt! Sucht euch ein Arbeitsumfeld, in dem ihr für euer Thema brennen dürft! Lasst euch nicht einreden, dass man nicht auch mal mehrere Themen oder Aufgaben gleichzeitig bearbeiten kann. Solange ihr daran Spaß habt und euch das zutraut, versucht es! Gebt nicht auf, wenn sich Hindernisse zeigen. Ob ihr verliert bzw. euch geschlagen gebt, entscheidet ihr selbst! Aber bitte überinterpretiert dies nicht: Manche Kämpfe lohnen sich nicht (mehr) weitergeführt zu werden (choose your battle) - Reibt euch nicht auf und bleibt euch selbst immer treu!

Und zu guter Letzt etwas aus der Reihe: Falls ihr Familie gründen wollt, wartet nicht bis nach der Karriere! Kinder während der Masterarbeit/ Promotion zu bekommen, haben wir nie bereut - ganz im Gegenteil!

Und speziell an die Männer: Es gibt eigentlich keinen Grund, warum ihr weniger Zeit mit Kinderbetreuung und Erziehung verbringen solltet als eure Partnerin bzw. euer Partner. Traut euch was zu! Auch Männer können wickeln, ein Baby beruhigen, zum Krabbelkurs gehen oder am Nachmittag Spieldates mit den Kids haben.
Man hört zwar immer wieder, dass Firmen bei Männern mit Elternzeit von 6-8 Monaten verschnupft reagieren, aber das sollte eigentlich heute kein Thema mehr sein. Wenn es das noch ist, muss unsere Generation es verändern.