Christiane Heinicke

"Menschen sollten sich auf dem Mond und dem Mars einen weiteren Lebensraum schaffen - aber gleichzeitig die Bewohnbarkeit unseres Heimatplaneten erhalten."

Christiane Heinicke hat in Ilmenau und Uppsala Physik studiert und in den Ingenieurwissenschaften promoviert. Im Rahmen des von der NASA finanzierten Experiments HI-SEAS, bei dem das Leben auf dem Mars simuliert wurde, lebte die Physikerin zusammen mit fünf weiteren Personen ein Jahr lang in einem 'Habitat' in einer mars-ähnlichen Gesteinswüste auf Hawaii. Sie durften ihre Wohnstatt nur in simulierten Raumanzügen verlassen und der Kontakt mit der Außenwelt fand nur per E-mail statt – wie zwischen Erde und Mars mit einer Verzögerung von 20 Minuten.

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Was bewegt Sie neben Physik und Arbeit?

Ich mag Landschaften, die andere Menschen wohl als
„karg“ bezeichnen würden. Ich finde Flechten, die sich an einen Fels klammern und um ihr Überleben kämpfen einfach deutlich faszinierender als einen Wald, bei dem man vor lauter Grün gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Dementsprechend bin ich gern in arktischen und subarktischen Regionen unterwegs - zuletzt für mehrere Wochen mit dem Rucksack auf Island.

 

Wie stellen Sie sich die DPG in Zukunft bzw. an ihrem 200. Jubiläum im Jahr 2045 vor?

Die DPG hat dann eine Abteilung auf dem Mars und eine
Sektion, die sich mit Gemeinsamkeit und Unterschieden
von physikalischen Vorgängen auf Erde und Mars
beschäftigt ;)

 

Welche Aufgabe sehen Sie für die Physik in der Gesellschaft von morgen?

Als Physikerin bin ich natürlich voreingenommen, aber ich denke, dass die Physik der wichtigste Grundbaustein im Verständnis der Welt ist, die uns umgibt. Ohne physikalisches Verständnis könnten wir die heutige Technologie nicht zu mehr Energieeffizienz hin entwickeln, wir könnten die klimatischen Veränderungen um uns herum nicht verstehen, und wir bräuchten über eine Reise zum Mars nicht einmal nachdenken.

Nach meinem Jahr auf dem – simulierten – Mars bin ich stärker denn je überzeugt, dass die Bewohnbarkeit unseres Heimatplaneten erhalten bleiben muss. Ich hoffe, dass die Physik und mit ihr die DPG als die Stimme der Physik in Deutschland gewohnt sachlich und konstruktiv zur Debatte beträgt, wie dieses Ziel politisch erreicht werden kann.

 

Woran arbeiten Sie heute?

Ich beschäftige mich heute zusammen mit Architekten und Ingenieuren mit der Frage, wie ein Habitat aussehen muss, damit es auf dem Mond und später auf dem Mars nicht nur technisch funktionsfähig ist, sondern auch angenehm zu bewohnen. Im letzten Jahr ist in Bremen eine Demoversion des ersten Moduls unseres Habitatentwurfs entstanden.

 

Sagen Sie uns, was Sie uns schon immer sagen wollten...

Vielleicht eine Anekdote? Während des Mars-Projektes hatten wir unter anderem eingeschränkten Zugang zu Wasser, und sollten nicht mehr als 8 min duschen – pro Woche. Natürlich haben wir einen Wettbewerb daraus gemacht, wer am schnellsten mit dem Duschen fertig ist: Der Rekord liegt bei 24 Sekunden (!).

„Zurück“ auf der Erde musste ich mich erst wieder an den laxen Umgang mit der Resource Wasser gewöhnen. So kostete es mich direkt nach dem Ende des Experiments zum Beispiel sehr große Überwindung, einen Swimming Pool zu benutzen. Ich stand am Beckenrand und fragte mich unwillkürlich, ob in diesem Pool jetzt mehr oder weniger Wasser war, als wir zu sechst in dem gesamten Jahr verbraucht hatten…

 

Bild: © ZARM