Christian Aulbach

"Subjektive Wahrheiten, die sich z.B. in Echokammern sozialer Medien bilden und perpetuieren, tragen zu einem zunehmend polarisierten politischen Diskurs bei. Die naturwissenschaftliche Arbeitsweise setzt hier einen wichtigen Kontrapunkt und kann Halt geben durch die Überprüfbarkeit der getroffenen Aussagen."

Christian Aulbach inspiriert durch seinen außergewöhnlichen Werdegang und seine bemerkenswerte Karriere als Diplomat. Nach dem Physik-Studium in Augsburg und Warwick, UK, arbeitete er kurz als Referent im Bundesumweltministerium, ehe er in den auswärtigen Dienst wechselte. Nach Stationen in den USA und Indien und einer Promotion in Verwaltungswissenschaften ist er heute Leiter des Parlaments- und Kabinettsreferats im Auswärtigen Amt in Berlin.

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Wenn ich nicht Physiker/in geworden wäre ...

… hätte mich auch eine international ausgerichtete Tätigkeit als Volkswirt gereizt, z.B. bei der Europäischen Zentralbank. In der Abbildung der Wirklichkeit durch mathematische Modelle sehe ich zwischen der Physik und der Volkswirtschaft einige Parallelen. In der Volkswirtschaft finde ich die normative Komponente reizvoll, z.B. die Erarbeitung wirtschaftspolitischer Empfehlungen.

 

Welchen Bezug haben Sie zur DPG?

Während meines Studiums war ich Mitglied der DPG und wurde von ihr bei der Teilnahme an Konferenzen unterstützt. Ich erinnere mich, dass mir beim Lesen des Physik Journals die Beiträge zu den beruflichen Perspektiven für Physikerinnen und Physiker wichtige Impulse gaben.

 

Warum sollten sich PhysikerInnen verstärkt in den politischen Diskurs bzw. Alltag einbringen?

Physikerinnen und Physikern spielen nach meiner Beobachtung eine wichtige politikberatende Rolle, wenn es um eine abgewogene Bewertung der Chancen und Risiken neuer Technologien ohne Überzeichnungen geht – etwa von Quantencomputing oder Künstlicher Intelligenz. Und das nicht nur im Inhalt, sondern auch im Stil: Subjektive Wahrheiten, die sich z.B. in Echokammern sozialer Medien bilden und perpetuieren, tragen zu einem zunehmend polarisierten politischen Diskurs bei. Die naturwissenschaftliche Arbeitsweise setzt hier einen wichtigen Kontrapunkt und kann Halt geben durch die Überprüfbarkeit der getroffenen Aussagen.

 

Woran arbeiten Sie heute?

Die wichtigsten Ziele des Auswärtigen Dienstes sind aus meiner Sicht

  • die friedliche Beilegung internationaler Konflikte und der Interessenausgleich durch Verhandlung,
  • die Erhaltung und der Ausbau der gerade für Deutschland so wichtigen regelbasierten internationalen Ordnung,
  • die Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Menschen über Ländergrenzen hinweg.

Hierzu möchte ich mit meiner Tätigkeit im Auswärtigen Dienst in wechselnden Funktionen meinen eigenen kleinen Beitrag leisten.

 

Was möchten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs mitgeben?

Wenn im politischen Berlin die Sprache auf den fachlichen Hintergrund kommt, höre ich oft: „Ah, ein Physiker, die können alles.“ Ich finde das ein sehr passendes Motto für junge Physikgraduierte, die sich beruflich orientieren. Physikerinnen und Physiker sind vielseitige, beharrliche und systematisch vorgehende Problemlöser, die überall gefragt sind. Meine Empfehlung daher: Bei der beruflichen Orientierung selbstbewusst vorgehen mit einem wachen Blick für spannende Aufgaben auch jenseits ausgetretener Pfade. Wenn beispielsweise Interesse an internationalen Aufgaben besteht, empfiehlt sich ein Besuch der jährlichen Karrieremesse Internationale Organisationen des Auswärtigen Amts.