Quantensensor aus Diamant. Roter Pfeil: Elektronenspin des Defekts im Kristallgitter des Diamanten, der für den Nachweis des Proteins genutzt wird. Blauer Pfeil: Ein Kernspin innerhalb des Diamanten. Er dient der Verbesserung der Empfi ndlichkeit des Verfahrens sowie als Quantenspeicher. (Quelle: Universität Stuttgart)

Quantensensoren – Auf dem Weg in die Anwendung

Ausgabe 39 | November 2019 | „Quantensensoren gehört die Zukunft. Insbesondere in der Medizintechnik und Erdbeobachtung werden sie die räumliche Auflösung und Messgenauigkeit enorm steigern.“ - Dieter Meschede, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Sonderausgabe Nr. 2 zu den Quantentechnologie-Initiativen der EU und des BMBF

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  • Quantensensoren nutzen mikroskopische atomare Magnete wie einen Kompass, um extrem schwache magnetische Felder zu messen, oder Materiewellen, um Beschleunigungen nachzuweisen.
  • Sie übertreffen herkömmliche Sensoren in Empfindlichkeit, Raum- und Zeitauflösung.
  • Anwendungen finden sie beispielsweise in der Erdbeobachtung, in der Navigation, in der Materialprüfung sowie in der chemischen oder biomedizinischen Analytik.

Das akkurate Messen physikalischer Größen ist maßgebliche Triebfeder technischer Entwicklungen. Quantensensoren bestechen hier mit bisher unerreichter Empfindlichkeit und Auflösung. Ein Paradebeispiel ist die präzise Messung der Zeit mit Atomuhren. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die exakte Navigation über Satelliten, was zum Beispiel für das autonome Fahren unabdingbar ist.

Derzeit entwickeln Physikerinnen und Physiker zwei Arten von Quantensensoren: Atomare Materiewellen eignen sich hervorragend z. B. für Interferometer, um Rotationen oder Beschleunigungen zu messen. Dagegen werden Festkörperquantensensoren gezielt mit Fremdatomen bestückt, die im Kristall als mikroskopische Kreisel eingebaut werden und Magnetfelder wie winzige Kompassnadeln anzeigen.

Die Festkörperquantensensoren weisen Magnetfelder, Druck oder Temperaturen nach und versprechen winzige Bauformen ebenso für Beschleunigungs- oder Lagesensoren [1]. Die Sensorelemente lassen sich bis auf wenige Nanometer verkleinern [2]. Sie lassen sich ferner unter rauen Umgebungsbedingungen sowie in lebenden Zellen oder Organismen betreiben. Die Sensorelemente eignen sich somit für die biomedizinische Analytik oder in der Zell- und Mikrobiologie (Abb.  1). Erste Versuche zeigen, dass sich die Magnetresonanztomographie beispielsweise um mehr als zehn Größenordnungen steigern ließe [3].

Atomare Beschleunigungssensoren hingegen nutzen lasergekühlte Materiewellen aus Atomen. Laser teilen auch die atomaren Wellenpakete und sorgen wie Spiegel und Strahlteiler für Reflektion und Interferenz (Abb. 2). Aus dem Interferenzsignal lassen sich Beschleunigungen und Rotationen entnehmen.

Diese Sensoren eignen sich als Messgeräte für die Schwerebeschleunigung (Gravimetrie) (Abb. 3) sowie für Rotationen und weisen oft eine höhere Empfindlichkeit auf als konventionelle Sensoren wie z. B. Faserkreisel. Sie könnten die Suche nach Lagerstätten und Rohstoffvorkommen revolutionieren sowie die Beobachtung natürlicher Ressourcen, inklusive des Grundwasserspiegels oder die Beschaffenheit von Böden, und sie eignen sich ebenso für die Navigation.

Mit ersten kommerziellen Quantengravimetern zur Messung der Schwerebeschleunigung ist ein wichtiger Schritt gelungen. Technologische Weiterentwicklung ist gefordert, um diese Sensoren kleiner und robuster für alltägliche Anwendungen zu machen und sie für den Einsatz z. B. auf Flugzeugen, Schiffen oder unter Tage tauglich zu machen.


 

Referenzen:

[1] C. Degen, F. Reinhard, Cappellaro P. Quantum Sensing Rev. Mod. Phys. 89, 035002 (2017)

[2] G. Balasubramanian et al. Nature, 455, 648 (2008); S. Steinert et al. Nature Com. 4, 1607 (2013)

[3] N. Aslam, M. Pfender, P. Neumann, J. Wrachtrup et al. Science 357, 67 (2017)

[4] Freier et al. Journal of Physics: Conference Series, 723:12050, 2016

 

Die Deutsche Physikalische Gesellschaft dankt Jörg Wrachtrup von der Universität Stuttgart und Tanja E. Mehlstäubler von der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt für die wissenschaftliche Beratung.