Grundlagen


In der Physik beschreibt der Begriff Plasma (griechisch für Geformtes, Gebildetes) einen Zustand, bei dem die Atome teilweise aufgebrochen sind, so dass sich die Elektronen und die Atomrümpfe ( Ionen ) unabhängig voneinander bewegen können. Da solch ein Zustand beispielsweise durch starkes Erhitzen erreicht werden kann, spricht man - nach "fest", "flüssig" und "gasförmig" - auch vom 4. Aggregatzustand der Materie.

Plasmen treten in der Natur in vielfältigen Erscheinungsformen auf; es wird sogar geschätzt, dass sich mehr als 99% der Materie des Weltalls im Plasmazustand befindet. So bestehen Sterne- wie auch unsere sonne und deren Protuberanzen - und interstellare nebel aus heißem Wasserstoff im Plasmazustand. Auf der Erde findet man Plasmen in Form von Nordlicht, Blitzen und der Ionensphäre. Mittlerweile aber werden Plasmen auch technisch erzeugt und sind die Grundlage von Lichtquellen, Oberflächenvergütungsverfahren, Kernfusion, Satellitenantrieben und vielem mehr.

nT_Plasmenklein.jpg Die vielseitigen Erscheinungsformen von Plasmen und Verwendbarkeit ergeben sich aus dem großen Temperatur- und Dichtebereich, in dem Plasmen existieren. Natrürlcih hängen die eigenschaften der Plasmen auch von den verwendeten Gasen ab. Schließlich ergeben sich besondere Eigenschaften zusätzlich, wenn Elektronen und Ionen nicht die gleiche Temperatur haben.

Die beiden Teilchensorten eines Plasmas, die negativ geladenen Elektronen und die positiv geladenen Ionen, üben starke Kräfte aufeinander aus. Teilchen mit Ladungen gleichen Vorzeichens stoßen sich ab; Teilchen mit Ladungen ungleichen Vorzeichens ziehen sich an. Beispielsweise ist in einem Plasma ein positives Ion von einer kugel-förmigen Wolke aus negativen Elektronen umgeben, so dass sich die Ladungen von Ion und Elektronenwolke etwa kompensieren. Man nennt den Radius der Kugel Debye-Länge. Tatsächlich sind die Elektronen der Wolke dem betrachteten Ion nicht zugeordnet; wegen der Temperaturbewegung der Elektronen findet vielmehr ein ständiger Austausch statt, wobei im Mittel die Quasi-Neutralität des Plasmas für Dimensionen größer als die Debye-Länge erhalten bleibt. Ebenso wie die Ionen sind auch die Elektronen von entsprechenden Ionen-Wolken umgeben. Die Debye-Länge  ist nicht nur von der Teilchendichte, sondern auch von der Temperatur abhängig, da mit zunehmender Temperatur die Eigenbewegung der Teilchen zunimmt und die Abschirmung verschlechtert. Man spricht von einem idealen Plasma, wenn im Mittel die Anzahl der geladenen Teilchen in einer solchen Debye-Kugel viel größer als 1 und zusätzlich die Debye-Länge viel kleiner als die geometrischen Abmessungen des Plasmas sind. Wie aus der oberen Abbildung ersichtlich, erfüllen die meisten Plasmen diese Bedingung. Nicht-ideale Plasmen treten i.a. erst bei sehr großen Dichten,  wie sie im Inneren von Sternen angetroffen werden, auf.

Die Eigenschaften von Plasmen werden durch elektrische und magnetische Felder beeinflusst. Elektronen und (positive) Ionen werden entlang elektrischer Felder beschleunigt. Die Richtung der Beschleunigung ergibt sich aus dem Vorzeichen der Ladung. Magnetfelder verändern die Größe der Gesamtgeschwindigkeit nicht, führen aber dazu, dass Elektronen und Ionen Schraubenbahnen um die Magnetfeldlinien beschreiben; die Geschwindigkeitskomponente entlang des Magnetfeldes ist unbeeinflusst.

Daher können sich die Teilchen  nur um den Radius der Schraubenbahn von der Magnetfeldlinie entfernen und sind dadurch in ihrer Bewegung senkrecht zum Magnetfeld einge-schränkt. Erhöht man das Magnetfeld, wird der Radius der Bahnbewegung kleiner, erhöht sich die Geschwindigkeit senkrecht zum Magnetfeld, wird der Radius größer. Je schwerer das Teilchen, desto größer ist sein Bahnradius; daher haben Ionen größere Bahnradien als Elektronen. Die Möglichkeit mittels eines Magnetfeldes die Ausbreitung eines Plasmas zu beeinflussen, wird in vielen Anwendungen in der Industrie und beim magnetischen Einschluss in der kontrollierten Kern-fusion genützt, um das Plasma auf bestimmte Oberflächen zu dirigieren oder von anderen  fernzuhalten. Abb. 4 zeigt eine Hohlkathodenentladung, mit der Materialbeschichtungen mit kubischem Bornitrid zur Oberflächenhärtung vorgenommen werden. Ein von außen angelegtes Magnetfeld bewirkt die Form des Plasmas.

Wenn die Elektronen und Ionen in dem Plasma gegeneinander durch kurzzeitiges Anlegen eines elektrischen Feldes verschoben werden, führt die Ladungstrennung zu einem rücktreiben-den elektrischen Feld, das die Teilchen zurück zu ihrer ur-sprünglichen Lage beschleunigt. Dort angekommen schießen die Teilchen wegen ihrer Trägheit über die Gleichgewichtsposition hinweg und es kommt erneut zu einer Ladungsseparation, dieses Mal in umgekehrter Richtung mit entsprechend umgekehrter Rückstellkraft. Das Ergebnis ist eine Schwingung mit einer charakteristischen Frequenz, der Plasmafrequenz. Diese Frequenz nimmt mit der Wurzel der Teilchendichte zu.  Falls kein zusätzliches Magnetfeld anliegt, können elektromagnetische Wellen mit einer kleineren Frequenz als der Plasmafrequenz nicht in das Plasma eindringen, da die Elektronen dem elektrischen Feld schnell genug folgen können und ein gleich starkes Gegenfeld aufbauen. Daher reflektieren Metalle sichtbares Licht, sind aber für Röntgen-Strahlung transparent. Man macht sich diesen Umstand auch beim Kurzwellenradio zunutze, wo die von einem Sender ausgestrahlten Radiowellen in etwa 50 km Höhe an der Ionosphäre gebeugt und reflektiert werden. Dort ist die Teilchendichte der Elektronen etwa so groß ist, dass die Radiofrequenz der Plasmafrequenz ent-spricht. Indem man diese Reflexion ausnutzt, können größere Distanzen zwischen Sender und Empfänger überbrückt wer-den als durch geradlinige Ausbreitung möglich wäre.

Im allgemeinen wird ein Plasma erzeugt und aufrechterhalten, indem einem Gas elektrische Leistung, meist durch Anlegen eines elektrischen Feldes, zugeführt wird. Je nach Gasdruck und Frequenz des elektrischen Feldes unterscheidet man zwi-schen verschiedenen Produktionsmechanismen.

Es kommt zu einer Glimmentladung, wenn eine Gleichspannung an zwei Elektroden (Anode und Kathode) in einem Gefäß mit Gas bei einigen 100 Pa (1 Pa = 10-5 bar) Druck angelegt wird. Freie Elektronen, die in dem Gas oder an der Kathode beispielsweise durch Höhenstrahlung erzeugt wer-den, werden in dem elektrischen Feld zu der Anode beschleunigt. Dabei kommt es zu zahlreichen Stößen mit dem Neutral-gas, in denen die Elektronen einen Teil ihrer  Bewegungsener-gie an das Neutralgas verlieren. Bei ausreichender Bewe-gungsenergie kann bei diesen Stößen das Gas auch ionisiert werden (Stoß-Ionisation). Dabei entstehen weitere, freie Elek-tronen, so dass es bei genügend großer elektrischer Feldstärke zu einem Lawineneffekt kommt. Gleichzeitig werden die  entstandenen Ionen auf die Kathode hin beschleunigt, die bei ihrem Aufprall Elektronen auslösen (sekundäre Emission). Dadurch entsteht ein schnell anwachsender elektrischer Strom in der Entladungsröhre und die durch Elektronenstöße ange-regten Gasatome senden elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Bereich aus. Wenn nicht von außen durch Vor-schalten eines Widerstandes so wird der Strom schließlich dadurch begrenzt, dass sich die Ionen vor der Anode in einem Bereich anhäufen (positive Säule), der sich bis kurz vor die Kathode ausdehnt. Die von außen angelegte Spannung wirkt dann nur in einem kleinen Bereich vor der Kathode (Katho-denfall) und das elektrische Feld ist entsprechend stärker verglichen zum Einschaltzeitpunkt. Dadurch wird die Plasma-produktion eingeschränkt, bis sich ein Gleichgewicht ausbildet hat.

Mit zunehmendem Strom in einer Glimmentladung erhitzt sich die Kathode. Bei genügend hoher Temperatur wird die thermische Elektronenemission größer als die nicht sehr effektive sekundäre Elektronenemission. Man spricht dann von einer Bogenentladung. Diese Entladung kann bei Drücken im Bereich einer Glimmentladung betrieben werden oder auch bei Atmosphärendruck bis zu einigen bar Überdruck (Hochdruck-Bogenentladung). Die erforderliche Kathodenheizung ergibt sich dabei einfach aus einer hohen Stromdichte, wie sie sich durch den kurzzeitigen Kontakt der beiden Elektroden (z.B. beim Kohlebogen) oder durch eine Funkenentladung initiieren lässt.

Funkendurchbrüche  können bei hohen Drücken und hohen elektrischen Feldstärken entstehen. Hier erzeugt ein Start-Elektron einen Plasmabereich mit hohen elektrischer Feldstärke, einen sogenannten streamer. Durch Photoemission und –absorption werden weitere Streamer erzeugt und es kann sich ein hochleitfähiger Plasmakanal zwischen Kathode und Anode ausbilden. Der Aufbau einer solchen Entladung ist etwa 1000 mal schneller als der einer Glimmentladung. Der Blitz ist ein Beispiel für den Funkendurchbruch. In der Technik sind Funkendurchbrüche häufig unerwünscht; Ausnahmen sind Unterwasserfunken zur Stoßwellenerzeugung in der Medizin oder in der Umwelttechnik zur Schrott- und Beton-zertrümmerung.

Die Korona-Entladung  ist ein "unvollständiger" Funkendurchbruch in dem stark inhomogenen Feld nahe einer negativ geladenen Metallspitze oder eines Drahtes. Im Nahbereich lagern sich die Elektronen an Moleküle an, dabei ent-steht eine negative Raumladung (Korona), die das elektrische Feld so weit reduziert, dass sich die streamer nicht mehr bis zur Gegenelektrode fortsetzen können. Durch eine Drift der Ionen auf die Anode schließt sich der Stromkreis. Besonders gut kann diese Entladung mit Wechselstrom betreiben werden.

In Barriere-Entladungen wird die Ausbildung einer strom-starken Entladung zwischen den beiden Elektroden durch ein Isolator unterbunden, der eine oder beide Elektroden bedeckt. Der Funkendurchbruch erlischt, wenn sich die Isolatorschicht aufgeladen hat und damit das elektrische Feld reduziert ist. Beim Umpolen der angelegten Spannung kehrt sich der Vorgang um; daher kann diese Entladung mit Wechselspannung stationär betrieben werden. Bei Verwendung hoher Frequen-zen (50 kHz) können auch mit großflächigen Elektroden homogene Plasmen erzeugt werden. Zu Barriere-Entladungen kommt es auch in den dekorativen Plasmakugeln.

→ Perspectives of Plasmas - Basics
→ The Pervasive Plasma State